Von Armin Fechter
WEISSACH IM TAL. Den unerwarteten Schritt begründete Bürgermeister Ian Schölzel bei der Haushaltseinbringung damit, dass „es uns wirtschaftlich zweckmäßiger erscheint, einen in Aussicht gestellten Sonderkredit von der Kreditanstalt für Wiederaufbau – zu Konditionen von sage und schreibe 0 Prozent per annum über die Laufzeit von zehn Jahren – in Anspruch zu nehmen und dafür die allgemeine Rücklage unangetastet zu lassen, ja sogar noch zu stärken“.
Weissach könne, so Schölzel im Gemeinderat, die anstehenden Investitionen auch 2016 durchaus wieder mittels eines schuldenfreien kameralen Haushalts finanzieren. Gleichwohl verweist er auf die Gesamtlage, in der sich die Gemeinde befindet: Die sogenannte Zuführungsrate, also die Summe, die die Gemeinde aus ihren laufenden Geschäften für Investitionsvorhaben erwirtschaftet, mache zunehmend Sorge. Sie fällt mit 192400 Euro zwar noch immer positiv aus, zeigt aber deutliche Schrumpftendenz – was vor allem an den niedrigen Gewerbesteuereinnahmen liegt. Weissachs Steuerkraft liege, so Schölzel, „weit unter dem Durchschnitt der kommunalen Familie“ und hinke der anderer Kommunen hinterher. Weissach sei finanzschwach.
Dabei hat der Etat einen stattlichen Umfang: Er liegt insgesamt bei knapp 20,5 Millionen Euro. Davon entfallen 17,5 Millionen Euro auf den Verwaltungshaushalt und 3 Millionen Euro auf den Vermögenshaushalt. Den Kreditbedarf bezifferte Kämmerin Sarah Kienzle dabei auf 449600 Euro.
Bereits im vergangenen Haushaltsjahr sei kräftig in die öffentliche Infrastruktur investiert worden, führte Schölzel weiter aus. Das soll sich 2016 fortsetzen: Über den kameralen Haushalt, den Eigenbetrieb Wasserversorgung und die drei Zweckverbände – Bildungszentrum, Abwasserklärwerk und Hochwasserschutz – stehen Investitionen in Höhe von rund 6,34 Millionen Euro an. Dazu erwartet die Gemeinde Zuwendungen in Höhe von rund 1,8 Millionen Euro. Allein in Vorhaben zum Ausbau der Bildungseinrichtungen – Kindergärten Sandberg und Cottenweiler sowie Teilsanierung Schule an der Weissach – fließen 2 Millionen Euro. Hinzu kommen Investitionen in Kanäle, Kanalsammler, Straßen, Gebäude, die kommunale Wasserversorgung und den Hochwasserschutz von 4 Millionen Euro. „Das ist wichtig“, unterstrich Schölzel, „um unsere Kommune zukunftsfähig zu halten.“ Es gelte, die kommunale Infrastruktur zu erhalten, zu verbessern, wo notwendig auszubauen und den Sanierungsstau weiter aufzuheben.
Neue Gewerbeflächen sollen entwickelt werden, um Arbeits- und Ausbildungsplätze zu schaffen und die Gewerbesteuereinkünfte anzukurbeln: „Mit dem Gewerbepark Rombold sind wir diesbezüglich auf dem richtigen Weg.“ Um die Ertragskraft des Verwaltungshaushalts zu stärken, sollen die Kernverwaltung gestrafft und Einsparpotenziale bei den Personalkosten gesucht sowie freiwillige Aufgaben überprüft werden. Ferner geht es um strukturelle Änderungen und Anpassungen bei den Zeiten und Betreuungsformen an Kindergärten und Schulen und schließlich um das Ausschöpfen aller Einnahmemöglichkeiten.
Eine herausragende Aufgabe stelle die Reaktivierung der Rombold-Brache dar. Mit fast 40 Millionen Euro Investitionsvolumen sei dies die bisher größte zusammenhängende Investitionsmaßnahme auf dem Gemeindegebiet. Die Abbrucharbeiten sollen Mitte Februar beginnen.
Auch den Flüchtlingszustrom gelte es zu meistern – im Sinne einer gelingenden Integration. Weissach sei dabei gut aufgestellt: mit dem Arbeitskreis Integration und einer Schaltstelle für Flüchtlings- und Integrationsfragen im Rathaus. Nicht nur mit Blick auf Flüchtlinge müsse in den kommenden Jahren ausreichend bezahlbarer Wohnraum zur Verfügung gestellt werden.
Widmen will sich Schölzel aber auch der Sicherung der ärztlichen Nahversorgung, da Arztpraxen im Ort vor einem Generationenwechsel stehen. Ein schlüssiges Konzept dafür soll noch im ersten Halbjahr vorgestellt werden.
Die Anteile an den Einkommen- und Umsatzsteuern machen mit über 4,3 Millionen Euro den bedeutendsten Einnahmeposten aus. Die Gewerbesteuer liegt dagegen bei 1 Million Euro, nur wenig mehr als die Grundsteuern. Umlagen steigen weiter, ebenso die Personalkosten mit insgesamt fast 3,3 Millionen Euro.