Von Armin Fechter
BACKNANG/WAIBLINGEN. Die Volkshochschule kennt jeder. Dass aber auch die Kirchen – die evangelische ebenso wie die katholische – Bildungsarbeit leisten, ist im öffentlichen Bewusstsein kaum verankert. Diesem Defizit will Kathrin Messner aktiv begegnen. Helfen soll dabei der Umzug in neue Räumlichkeiten. Das Evangelische Kreisbildungswerk befindet sich bislang in idyllischer, aber eben auch dezentraler Lage im Holzweg in Waiblingen. Die Adresse hat auch öfter schon für Scherze gesorgt: im Holzweg, aber nicht auf dem Holzweg.
Der Umzug auf ein Areal zwischen Arbeitsamt und Bahnhof soll aus der bisherigen Abgeschiedenheit herausführen. In dem Neubau ist geplant, verschiedene kirchliche und diakonische Einrichtungen – auch den Kreisdiakonieverband – gemeinsam unterzubringen. Davon erhofft sich Messner eine stärkere Außenwirkung für das Bildungswerk und damit auch mehr Aufmerksamkeit und Interesse. Der erste Spatenstich für den Neubau hat kürzlich stattgefunden.
Zugleich will Messner eine Initiative ihrer Vorgängerin Heike Frauenknecht fortführen und die kreisweite Zusammenarbeit ausbauen. Die lokale Identität sei wichtig, unterstreicht sie mit Blick auf die drei Erwachsenenbildungsausschüsse in den Kirchenbezirken Backnang, Waiblingen und Schorndorf – aber man könne sich auch gegenseitig im Austausch befruchten. Dazu sollen Treffen auf Kreisebene dienen. Erforderlich ist aber auch eine entsprechende Vernetzung der Beteiligten. Zudem denkt Messner beispielsweise daran, einen Themen- und Referentenpool aufzubauen, der auf der Homepage abgerufen werden kann. Aber auch sie selbst möchte sich einbringen: mit Vorträgen, mit Input bei Tagungen oder mit Moderationen.
Hohe Mobilität erschließt
weitere Bildungsmöglichkeiten
Im Auge hat sie gleichzeitig auch unterschiedliche Interessentenkreise. „Kurze und alte Beine“, so formuliert sie, benötigten die kirchlichen Angebote vor Ort. Viele Menschen seien aber auch sehr mobil, sei es mit dem eigenen Auto oder mit öffentlichen Verkehrsmitteln. Für sie können auch Bildungsprogramme von Interesse sein, die außerhalb der eigenen Gemeinde stattfinden und eine besondere Qualität aufweisen. Als Beispiel nennt sie zwei Veranstaltungen in Winterbach, die überörtliches Interesse finden könnten: eine Konzertlesung unter dem Titel „Klang“ mit dem Geigenbaumeister, Diplom-Physik-Ingenieur und Autor Martin Schleske am Freitag, 10. März, 19.30 Uhr in der Michaelskirche und ein Gastspiel des Pfarrerkabaretts aus dem Kirchenbezirk Göppingen mit dem Titel „Pfaffenpfeffer“ am Samstag, 8. April, 18 Uhr in der Lehenbachhalle.
Mit Blick auf die Bildungslandschaft beobachtet Messner, dass berufliche Fortbildung, etwa der Erwerb von Zusatzqualifikationen, anhaltend hohen Zuspruch genießt. Auch sportliche und andere Aktivitäten haben, je nach Interessenlage, ihr festes Publikum. Demgegenüber tut sich die kirchliche Bildungsarbeit schwer. Das belegen auch Erhebungen in der württembergischen Landeskirche, nach denen der Trend beim Programmangebot ebenso nach unten gegangen ist wie in der Folge auch bei den Besucherzahlen. Gerechnet wird dabei wie in der Schule in Unterrichtseinheiten. Von 2010 bis 2012 betrug demnach der jährliche Mittelwert 365226 Unterrichtseinheiten, von 2013 bis 2015 jedoch nur noch 351111 – ein Minus von knapp 3,9 Prozent. Geschuldet ist dies vor allem einem eklatanten Rückgang von 2011 auf 2012 und dann nochmals von 2012 auf 2013. Insbesondere durch die Arbeit mit Geflüchteten, so Messner, haben sich die Zahlen aber wieder mit Tendenz nach oben stabilisiert. Dennoch sieht Messner klar: „Intellektueller Input ist für viele nicht das erste Bedürfnis.“
Hinzu kommt, dass die Bindung an die Kirche für weite Bevölkerungskreise schwächer geworden ist. Das schlägt sich auch am Besuch von kirchlichen Bildungsangeboten nieder. Dabei wäre es, sagt Messner, gerade im Hinblick auf das massive Erstarken rechtspopulistischer Kreise besonders nötig, sich zu informieren und sprachfähig zu werden, um sich positionieren zu können. Sorge bereitet ihr aber auch, dass zunehmend Akteure altershalber abtreten und keine Nachfolger da sind, um die Lücke zu füllen – eine Situation, die auch in Vereinen immer öfter zutage tritt. „Es hängt an einzelnen Leuten“, und die Verpflichtung auf ein ehrenamtliches Engagement werde immer schwieriger.
Hoffnungen setzt Kathrin Messner auf die jungen Senioren. Damit meint sie Menschen, die aus dem Berufsleben ausgeschieden sind und sich vielleicht – wie junge Leute nach dem Abitur – erst mal eine Auszeit gönnen, die dann aber wieder Lust verspüren, sich einzubringen. Messner: „Ich geh mit offenen Augen und Ohren durch den Kreis.“ Mit im Team ist sie beispielsweise bei der Backnanger Veranstaltungsreihe Kirche im Dialog, die sich fest etabliert hat und in diesem Jahr unter der neuen Leitung von Pfarrer Professor Dr. Ulrich Beuttler wieder an den Start geht.
Viele Veranstaltungen – vor allem auch zum Schwerpunktthema 500 Jahre Reformation – sind im Flyer aufgeführt, der beim Evangelischen Kreisbildungswerk erhältlich ist (Holzweg 24, 71334 Waiblingen, Telefon 07151/6042940, E-Mail info@eeb-rmk.de). Auch im Internet auf www.eeb-rmk.de kann das Angebot eingesehen werden. In Sulzbach ist zum Beispiel die neue ökumenische Vortragsreihe unter dem Titel „Kirchen-Träume“ angelaufen. In Murrhardt findet am Donnerstag, 23. Februar, 20 Uhr im Grabenschulhaus ein Vortrag über die Hintergründe der humanitären Katastrophe in Syrien statt. In Backnang folgt am Freitag, 17. März, 17 Uhr in der evangelischen Markuskirche ein „Frauenmahl: Durchatmen – Gottes Nähe spüren – beflügelt sein“. In Murrhardt gibt es ab 11. Mai eine Veranstaltungsreihe zum Thema „Freiheit“. In der Rietenauer Kirche ist am 10. Februar unter dem Titel „Luther 2017“ ein Konzert mit Textbeiträgen geplant. In Backnang wiederum gibt es am 11. März, 9 bis 16 Uhr im Gemeindehaus Am kalten Wasser einen Tag für Trauernde.
