Von Uwe Flegel
Noch liegt sie entspannt am Strand in der Nähe des spanische Tarragona. Doch spätestens am Sonntag sitzt Emelie Petz gespannt vor der Glotze. Dann steht für die deutschen Turnerinnen als erster Wettkampf die Qualifikation auf dem Plan. Für die 13-jährige TSG-Turnerin ist klar: Spaniens Reize sind das eine, Turnen in Rio ist aber noch was ganz anderes. „Selbstverständlich schaue ich auch hier im Urlaub Olympia“, liegt fast schon ein klein wenig Entrüstung in der Stimme, als sie gefragt wird, wie sie’s im Urlaub unter spanischer Sonne denn mit dem Blick nach Rio hält. Und ebenso klar kommt der zweite Teil der Ansage: „Wenn wir dann wieder zurück sind, geht’s zu Hause mit Olympia weiter.“
Wobei die junge Allmersbacherin schon ein wenig anders auf die Wettkämpfe schaut, als gewöhnliche Turnfans. Mit Tabea Alt, Kim Bui und Elisabeth Seitz sind drei Mitglieder der fünfköpfigen deutschen Frauenriege ihre ständigen Trainingspartnerinnen und Teamkolleginnen beim MTV Stuttgart. An der Seite der drei Olympionikinnen wurde Petz vergangene Saison als jüngste Turnerin der gesamten Bundesliga deutsche Mannschaftsmeisterin. Ein Riesenerfolg. Einer, der mit dazu führte, dass die Realschülerin als eine der größten Turnhoffnungen des Landes gilt. Die fünf anderen Gründe sind ihre Meistertitel bei deutschen Jugendmeisterschaften. Zwei davon kamen diese Saison dazu. Dabei war Petz zuvor lange verletzt, turnte ohne großes Training.
Mittlerweile ist sie „wieder fit und völlig verletzungsfrei“. Nach dem Spanien-Urlaub wird wieder sechsmal die Woche fünf bis sechs Stunden im Training geackert. Schließlich wartet nach den Sommerferien die Bundesliga. Und dort soll das Talent künftig vermehrt an allen vier Geräten ran. Am Bundesstützpunkt in Stuttgart wird fleißig geschliffen, um den Rohdiamanten richtig glänzen zu lassen.
Noch aber hat Emelie Petz Zeit, um Olympia mit Vater Klaus, Mutter Rebekka und Bruder Jannik urlaubend und am Fernseher zu genießen. Dennoch ist sie am Spektakel unterhalb des Zuckerhuts ein wenig näher dran, als das dem gewöhnlichen Sportfan möglich ist. „Ich habe Kontakt zu meinen Stuttgarter Teamkolleginnen und schon gefragt, wie’s ihnen dort denn geht“, berichtet sie von einem direkten Draht zum Trio in Brasilien. „Sie sind gut angekommen, bereiten sich auf die Wettkämpfe vor, haben aber auch Rio de Janeiro schon ein wenig erkundigt“, weiß Emelie Petz und es hört sich an, als würde sie dieses Erlebnis möglichst rasch gerne mit ihren drei MTV-Mitstreiterinnen teilen. Wenn’s möglich ist, dann bereits bei den Olympischen Spielen 2020 in Tokio? „Das wäre mein größter Traum“, gesteht die Allmersbacherin. Dass sie bis dahin nicht nur vier Jahre Zeit, sondern auch noch einen langen Weg vor sich hat, ist der 13-Jährigen bewusst. Doch klar ist auch: Das Ziel Olympia hat sie deutlich vor Augen. Und an welchem Gerät es am ehesten klappen soll, weiß die junge Turnerin ebenfalls: „Am Sprung.“ Und wenn es in 2020 mit Japan nichts wird? „Dann hoffe ich halt, dass es vier Jahre später mit den Olympischen Spielen klappt.“
Von 5. bis 21. August sind die Augen der Sportfans nach Rio de Janeiro gerichtet. Einige Talente aus der Region blicken besonders gebannt auf die 31. Olympischen Sommerspiele. Turnerin Emelie Petz, Dressurreiterin Beatrice Buchwald, BMX-Fahrerin Mara Schwinger und die Box-Brüder Ahmet und Mehmet Sor träumen davon, selbst beim größten Sportereignis der Welt dabei zu sein und in die Fußstapfen des Murrhardter Dreispringers Joachim Kugler (1968, Mexiko City), der TSG-Judoka Michaela Baschin (2008, Peking) sowie des Backnanger Turners Sebastian Krimmer (2012, London) treten zu können. Unsere Zeitung stellt die Sportler in einer kleinen Serie in den nächsten zwei Wochen genauer vor.

