Von Matthias Nothstein
Ihre Traueranzeige stieß auf große Resonanz. Sie schreiben darin, der Masterplan für das Kaelble-Areal sei fast gestorben. Was werfen Sie der Stadtverwaltung vor?
In all der Zeit gab es keine Reaktion auf den Masterplan. Dürfen wir bauen? Wie dürfen wir bauen? Wird zu groß gebaut? Geht Wohnbebauung? Wir haben erwartet, dass wir auf all diese grundlegenden Fragen einmal eine Antwort bekommen.
Was gab letztendlich den Ausschlag, dass Sie zu solch einem drastischen Mittel wie einer Traueranzeige gegriffen haben?
Es gab vor etwa vier Wochen auf Intervention eines ehemaligen Stadtrats nun doch ein Gespräch, bei dem OB Nopper, Baudezernent Setzer und Wirtschaftsförderer Binder dabei waren. Wir haben da all unsere Fragen gestellt und erwartet, dass wir darauf einmal Antworten bekommen. Daraufhin sagte Baudezernent Setzer, er müsse sich erst einmal die Pläne anschauen. Und das ein halbes oder Dreivierteljahr, nachdem wir die Pläne vorgestellt haben.
Sie wissen, dass es in Deutschland ein wenig Zeit braucht, bis klar ist, was wo gebaut werden kann?
Wir sind ja noch weit weg von einem Bebauungsplan oder von Baureife. Um Himmels willen. Es geht um eine Gesamtplanung, ob man sich so etwas vorstellen kann, was uns im Quartier Backnang-West vorschwebt. Wir schlagen ein Kunstmuseum vor, zudem eine Mehrzweckhalle mit 1000 Zuschauerplätzen, ein Hotelhochhaus, einen überdachten Marktplatz, eine Hochschule und sehr viel Wohnbebauung. Wir haben gefragt, ob etwas an dieser Vision geändert werden soll. Wir warten ja auf Rückmeldung von der Stadt. Dass es heißt: Im Prinzip geht es so. Die Masterplanung ist unsere Idee und die von Architekt Helmut Jahn. Die kann kolossal geändert werden, davon gehen wir sogar aus. Bloß wir erwarten eine Rückmeldung. Danach können wir einen ersten möglichen Entwurf einreichen.
Die strittigen Punkte bei Ihren ersten Vorüberlegungen waren die Wedding-Hall, die Moschee und das Hochhaus. Auf was können und würden Sie verzichten und auf was werden Sie beharren?
Ich bin nicht sicher, von wem die Idee mit Wedding-Hall und Moschee überhaupt kam, das interessiert mich auch nicht, denn diese Pläne sind tot, das kommt definitiv nicht.
Dann ist das Hochhaus ein Hauptstreitpunkt?
Ich weiß nicht, ob das Hochhaus ein kritischer Punkt ist, wir haben bis dato nichts dazu gehört. Das schweigt man einfach tot. Wir haben nichts gehört von dem Kunstmuseum. Wir haben nichts gehört von der Mehrzweckhalle. Wir haben nichts gehört von der Wohnbebauung. Ob wir die Garagen und Straßen unter die Erde legen sollen. Das sind ja alles Ideen, die wir angedacht haben. Damit wir breite Alleen haben zwischen den Gebäuden. Das ist einfach totgeschwiegen worden seit Oktober.
Sie bemängeln in einer uns vorliegenden Stellungnahme die zähflüssige Kommunikation...
...es gibt überhaupt keine Kommunikation, zumindest nicht im Geiste der Sache.
Sie kritisieren darin ebenfalls, dass Entscheidungen vertagt statt getroffen werden. Wie würden Sie sich optimale Abläufe vorstellen?
Wir haben unsere Ideen im Oktober zum ersten Mal und dann nochmals im März vorgetragen. Man sollte erwarten können, dass man nach einem Vierteljahr mal eine Reaktion erhält. Etwa: Das Hochhaus ist 120 Meter hoch, das geht nicht, da müssen wir miteinander drüber reden. Oder die Uni wird größer oder kleiner oder es gibt überhaupt keine. Wir erwarten eine Reaktion. Die muss nicht positiv sein, aber wir erwarten eine. Helmut Jahn steht in den Startlöchern, der will weiterplanen. Und ich muss ihm sagen: Herr Jahn, es geht nicht, die Stadtverwaltung brütet noch immer über dem Projekt.
Sie haben ferner erklärt, Sie hätten der Verwaltung und den Stadträten weiterführende Infos zum Masterplan und eine Verkehrsstudie zukommen lassen. Um was handelt es sich dabei?
Wir haben auf Anregung der Stadt Backnang zwei Verkehrsplaner eingeschaltet. Der eine wurde von Helmut Jahn vorgeschlagen, der andere von der Stadt Backnang, aber wir haben ihn bezahlt. Beide Berechnungen auf der Basis der Planungen von Helmut Jahn fielen im Endeffekt positiv aus. Die Verkehrsverhältnisse in dem Quartier Backnang-West sind machbar. Das hängt damit zusammen, dass wir viele Tiefgaragen und zum Teil ganze Straßenzüge unter der Erde realisieren und die Oberfläche vom Verkehr frei halten möchten. Zwei Stadtplaner haben das Vorhaben sehr positiv beurteilt.
Und die gebundene Infobroschüre, in der das Gesamtprojekt ausführlich beschrieben ist mit Skizzen, Studien und Beschreibungen, die haben alle Stadträte bekommen?
Nein. Wir wollten die verteilen, aber Oberbürgermeister Nopper war dagegen und hat die Verteilung untersagt.
Wenn Sie von Tiefgaragen und Straßen im Untergrund sprechen, dann klingt das nach einem grünen Bezirk. Wie viel Prozent Grünfläche würde es dann im neuen Quartier geben?
Der Stadtteil würde sehr grün werden. Es würde keine breite Straßen geben, wo alles zugeparkt wird, sondern viele freie Flächen mit vielen Bäumen und Bepflanzungen. Und einen Zugang zur Murr, mit dem der Fluss erlebbar gemacht wird.
Bevor Sie mit dem Kaelble-Areal loslegen, müssten Sie erst einmal alle Flächen freibekommen. Die sind derzeit blockiert aufgrund von langfristigen Verträgen mit Parkplatznutzern. Wie geht es da weiter?
Wir haben die Absicht, an der Ecke Wilhelmstraße/Karlstraße ein Parkhaus zu errichten. Der Hauptteil der Grundstücke und Gebäude ist bereits in meinem Besitz, den Rest muss ich noch dazukaufen, da laufen derzeit die Verhandlungen. Da bräuchten wir ungefähr 800 Parkplätze, das ist das Minimum, das wir erreichen wollen, damit die Mitarbeiter von Telent, Tesat und den anderen Firmen der Umgebung da parken können. Dazu müssen wir aber die zwölf Geschosse des Parkhauses genehmigt bekommen, neun über der Erde und drei im Untergrund.
Zwölf Geschosse – spielt die Stadt da mit?
Wir haben über Ecken erfahren, dass die Verwaltung mindestens zwei Geschosse weniger haben möchte. Das bedeutet für uns, wir müssen 200 Parkplätze streichen. Dann bleiben noch 600 Plätze übrig, da macht das Gebäude aber keinen Sinn mehr. Denn die Stadtverwaltung möchte, dass davon noch 200 Plätze der Öffentlichkeit zur Verfügung stehen. Dann bleiben nur noch 400 Plätze für die Anrainer übrig, und das ist zu wenig. Ich brauche mindestens 800 Plätze, damit wir das Kaelble-Areal frei kriegen und es bebauen können.
800 Fahrzeuge sind ein Wort. Und all diese Autos fahren morgens zwischen 7 und 9 Uhr in Richtung dieses Parkhauses. Ist gewährleistet, dass der Verkehr dann auch fließt?
Die Verkehrsplaner haben es durchgerechnet und die Situation so bewertet, dass der Verkehr funktioniert. Auch mit 800 Stellplätzen.
Sie haben aber noch nicht alle Grundstücke in Ihrem Besitz. Klappt das?
Ja, das stimmt. Noch gehören mir nicht alle Grundstücke. Aber ich werde den Rest erst kaufen, wenn ich weiß, ich darf meine Backnang-West-Vision bauen. Alles hängt miteinander zusammen. Erst wenn der Masterplan grundsätzlich abgesegnet ist, kann ich das Parkhausprojekt weiterverfolgen. Dann werden wir uns in den Riemen legen und das Parkgebäude bauen, dann brauchen wir es. Wenn das aber noch 10 oder 15 Jahre dauert, dann werden wir es lassen.
Warum bauen Sie das Parkhaus nicht unabhängig von Ihrer Vision Backnang-West?
Weil ich mit dem Parkgebäude allein drauflege. Denn die Nutzer, die derzeit noch auf dem Kaelble-Areal parken, werden die Gebühren in der Höhe, die ich für die Finanzierung benötige, nicht zahlen wollen. Wir müssen die Plätze günstiger anbieten. Bei Tesat zahlen die Mitarbeiter derzeit 12,50 Euro. Ich werde mehr verlangen müssen, wahrscheinlich 30 Euro, maximal 40 Euro. Den Rest zahle ich zu. Aber wir müssen bauen, wenn die Finanzierbarkeit des Kaelble-Areals für uns einigermaßen machbar bleiben soll.
Vorausgesetzt, Sie schaffen es, die Hürde Parkhaus zu meistern, ist dann gewährleistet, dass alle Flächen im Kaelble-Areal frei sind, oder gibt es auch da noch andere vertraglichen Verpflichtungen?
Die Fläche ist in einem kleinen Teilbereich noch belegt, aber das spielt keine Rolle. Wir würden ja eh nicht alles auf einmal umsetzen wollen.
Herr Püttmer, was machen Sie mit dem gesamten Kaelble-Areal, wenn Sie mit der Stadt nicht einig werden?
Dann werde ich dort Winterweizen anpflanzen. Oder Mais. Das können die Stadträte dann selbst entscheiden.
Ist Ihr Technologiepark „Am Kalten Wasser“ vollständig vermietet?
Nein. Wir sind noch auf der Suche nach Nutzern. Das Hauptproblem da ist ebenfalls die Parkplatzsituation. Die Mitarbeiter parken auch irgendwo auf dem Kaelble-Areal. Unlängst zum Beispiel wollte der Betreiber eines Fitnessstudios eine ganze Etage mieten. Aber er wollte Parkplätze direkt vor der Tür haben. Der Vertrag kam nicht zustande, weil der Pachtinteressent glaubte, er könne von seinen Kunden nicht verlangen, 600 oder 800 Meter vom Parkplatz bis zum Body-Studio zu laufen. Es steht und fällt alles mit der Parkplatzfrage.
Sie wollen in Frankfurt neben dem GrandTower, dem größten Wohnhochhaus Deutschlands, noch ein zweites Hochhaus bauen. Wie ist dort der aktuelle Stand?
Die Bauarbeiten haben begonnen und laufen reibungslos.
Wie funktioniert dort oder an Ihren anderen Baustellen in Berlin oder Marbach die Zusammenarbeit mit der Stadtverwaltung?
Das Projekt in Marbach ist recht flott gelaufen. Es gab zwar auch kleine Probleme im Vorfeld des Projekts. Aber die Stadtverwaltung hat mitgezogen. Probleme gibt es an sich auch bei anderen Bauvorhaben. Aber da hört man im Gegensatz zu Backnang wenigstens was von der Stadtverwaltung. Es geht nicht überall alles durch, was wir haben wollen. Das ist klar. Aber in Backnang kommt nichts. Keine Reaktion.
Bei der Verkleidung Ihres Kamins im Industriegebiet Lerchenäcker geht es auch nicht voran. Aber da hat die Stadtverwaltung ihre Hausaufgaben gemacht, da liegt der Stillstand an Ihnen. An was hakt’s in diesem Fall?
Das stimmt, die Genehmigungen liegen vor. Auch das gesamte Material für die Außenhaut des Kamins ist bereits vorgefertigt und auf unserem Firmengelände deponiert. Aber die Riva-Hallen sind derzeit voll ausgelastet. Und Kundenaufträge gehen nun einmal immer vor.
Wie sieht es aus mit der Erweiterung hier im Industriegebiet Lerchenäcker?
Wir werden jetzt beginnen mit dem Bau der Hallen 6 und 7. Halle 6 gibt eine Produktionshalle für Batterien. Und wir fordern weiterhin die Genehmigung der Ausstellungshalle mit 40 Metern Höhe. Wenn sie genehmigt wird, werden wir sie auch bauen, wenn nicht, lassen wir es bleiben. Mit einer geringeren Höhe macht diese Halle keinen Sinn. Bei dem besagten Gespräch vor vier Wochen saß auch Aspachs Bürgermeister Hans-Jörg Weinbrenner mit am Tisch. Da habe ich den neuesten Stand erfahren. Es hieß vonseiten Noppers, man könne über die Genehmigung der Hallenhöhe nachdenken, aber der Standort der Hallen müsste getauscht werden. Die große Halle darf also nicht an der Verbindungsstraße Großaspach/Strümpfelbach stehen.
Sie haben immer gesagt, Sie lassen sich nicht vorschreiben, wo Sie welche Halle bauen. Lenken Sie jetzt ein? Sind Sie so weit, dass Sie sagen, Sie tauschen den Standort?
Ja, das müssen wir überlegen. Es ist schließlich so, dass wir ja bauen wollen. Aber ich verstehe die Welt nicht mehr. Warum kann der Herr Weinbrenner, ein Dorfschultes, überhaupt festlegen, wo eine Halle hinzukommen hat. Dass so etwas überhaupt geht.