Von Steffen Grün
Die Probleme mit den Bandscheiben sind genetisch bedingt, erklärt Benjamin Feil, die von ihm über viele Jahre bevorzugten Sportarten wie Handball, Tennis und Golf taten ihr Übriges. Als er zum zweiten Mal unters Messer musste und sich anschließend fragte, wie es ihm am leichtesten gelingen könnte, dauerhaft im Training zu bleiben und der Versteifung vorzubeugen, „habe ich mir ein Ziel gesetzt, auf das ich hinarbeiten kann“. Auf diese Art von Motivationshilfe brachte ihn sein Physiotherapeut, nicht so auf das konkrete Projekt. Feil dachte an sein Winterhobby und beschloss, zum zweiten Mal nach der Premiere in Kastelruth vor zehn Jahren bei einem 24-Stunden-Skirennen zu starten.
Über die Piste zu brettern, helfe bei der Bandscheiben-Problematik nicht unbedingt, „die Vorbereitung aber schon“. Die neigte sich am vergangenen Wochenende zwar mit einer letzten Einheit im Schnee in Bolsterlang ihrem Ende zu, sonst stand der Murrtaler aber selten auf Skiern. Für meistens fünf Trainingseinheiten pro Woche suchte Benjamin Feil in den vergangenen Monaten seinen Physiotherapeuten auf, ging in die Muckibude oder schlüpfte in die Joggingschuhe. Um die Muskulatur in den Oberschenkeln, im Rücken und im Bauch zu stärken, habe er viel Ausdauer-, Intervall- und Krafttraining gemacht und damit den Ratschlag der Ärzte befolgt.
Mittlerweile fühlt er sich fit genug, um das Rennen in Gsteig in Angriff zu nehmen. Anders als 2007 in Kastelruth, als er ein Zweierteam mit seinem Vater Hans-Ulrich bildete, „mache ich es dieses Mal bewusst alleine“, verrät Benjamin Feil. Er zählt im Feld der 35 Mannschaften, die an den Start gehen dürfen, zu der absoluten Minderheit der Einzelkämpfer. Neben ihm tun sich diesen Stress nur ein weiterer Mann und eine Frau an, der Rest sind Duos oder Trios, die sich das Rennen teilen. Der Backnanger suchte aber voller Absicht die Herausforderung, es allein zu meistern, um sich im Training noch weniger Ausreden erlauben zu können. Zum Auftakt am Freitag, 10. Februar, um 20 Uhr geht es einmal zu Fuß den Berg hoch, den Teilnehmern werden rund 500 Meter mit 100 Höhenmetern abverlangt. Oben angekommen, geht’s richtig los, das Team mit den meisten Runden in den kommenden 24 Stunden gewinnt. Eine Runde besteht aus der etwa einen Kilometer langen Abfahrt und der Bergfahrt mit dem Schlepplift, „damit man sich ja nicht ausruhen kann“, sagt Feil und schmunzelt. Er kalkuliert mit etwa viereinhalb Minuten pro Runde und verrät: „Ich habe hochgerechnet und will etwa 300 Runden schaffen. Das könnte ein Top-Fünf-Platz sein.“
Eine ambitionierte Zielsetzung, die für ein erholsames Nickerchen keinen Raum lässt. „Schlaf gibt’s nicht“, betont der aus Murrhardt stammende und mittlerweile in Backnang lebende Sportler, „ohne Pause geht’s aber auch nicht“. Drei Auszeiten von jeweils rund 20 Minuten hat Feil eingeplant – es bleiben 23 Stunden, die auf vier Teilstücke zu verteilen sind. Wertvolle Tipps holte er sich bereits von ein paar Jungs aus Bietigheim, die in Gsteig schon einmal mitgemacht haben. Sie rieten ihm, es etwas gemächlicher angehen zu lassen, um Körner zu sparen. Zudem sei beim einzigen Sprung auch dann noch höchste Konzentration gefragt, „wenn die Oberschenkel müde werden“. Auch wenn diese Abfahrt nicht besonders anspruchsvoll ist, glaubt Benjamin Feil, der schon mit drei Jahren auf der Piste stand, dass ihm seine Qualität als Skifahrer zugutekommt. Vor allem dann, „wenn sich immer mehr Kuhlen, Mulden und Spurrinnen bilden, wenn Hunger, Müdigkeit und Durst dazukommen“. Er nimmt vier Paar Ski mit, um alle sechs Stunden tauschen zu können und stets mit frisch gewachsten und mit frischen Kanten versehenen Brettern unterwegs zu sein. Zur „tatkräftigen und moralischen Unterstützung“ gehen die Freundin und die Eltern mit.
Nach dem Rennen wartet die nächste große Herausforderung auf Benjamin Feil. Er muss ein neues Ziel finden, um immer im Training zu bleiben und etwas zu tun.
