Von Matthias Nothstein
BACKNANG. In den vergangenen Tagen wurde der frühere Trinkwasser-Hochbehälter Weissacher Straße abgebrochen. Der Wasserspeicher wurde nicht mehr benötigt, weil der neu gebaute Hochbehälter Galgenberg im Backnanger Süden seine Aufgabe übernehmen kann.
Das jetzt beseitigte Bauwerk besaß zwei Kammern, wobei die erste aus dem Jahr 1903 stammte und 240 Kubikmeter Wasser fasste. In den 1930er-Jahren wurde eine weitere, 1100 Kubikmeter fassende Kammer gebaut.
Nach den Abbrucharbeiten bleibt die Baugrube bestehen, da an derselben Stelle nun ein Gas-Blockheizkraftwerk entstehen soll. Diese Heizzentrale wird die umliegenden Gebäude mit Wärme versorgen. Dazu zählt nicht nur das geplante Geburtshaus, sondern auch das gesamte Krankenhausareal. Die Stadtwerke sind in der Planungsphase, der Baubeginn steht jedoch noch nicht fest.
In der Kreistagssitzung am Montag in Winterbach meldete sich der Backnanger Kreisrat Willy Härtner unter dem Tagesordnungspunkt Verschiedenes in dieser Sache zu Wort. Der Grüne kritisierte wenige Stunden nach der legendären Entscheidung der Staatengemeinschaft in Paris zum Klimawandel, dass man in Backnang beim Thema Heizzentrale weiter auf die fossilen Brennstoffe setze. Man könnte sich nun fragen, was dieses Thema im Kreistag zu suchen hat. Die Antwort: Es gibt einen Lenkungsausschuss für alle Fragen zur Nachnutzung des Klinikareals Backnang. Diesem gehört nicht nur die Stadt an, sondern auch der Landkreis. Und das Gebiet umfasst nicht nur das Krankenhausareal, sondern die Fläche des neuen Bebauungsplans, zu dem auch die Gebiete weiter im Südosten zählen, wo neben einem Geburtshaus auch die Heizzentrale gebaut werden soll. Also könnte der Kreis über den Lenkungsausschuss auch bei der Heizzentrale mitreden. Theoretisch zumindest. Denn praktisch hat der Ausschuss sich nicht mit dem Thema beschäftigt.
Landrat Dr. Richard Sigel reagierte auf die kritischen Anmerkungen. Er versprach Härtner: „Ich nehm’s auf und mit.“ Auf der anderen Seite baute er zu hohen Erwartungen vor, indem er klarstellte, dass der Lenkungsausschuss nur Themen beraten kann, „er kann keine Beschlüsse fassen“. Will heißen: Das ist letztendlich Sache der Stadt Backnang beziehungsweise des Investors, der Stadtwerke Backnang.
Stadtwerke-Chef Markus Höfer erklärte gestern auf Nachfrage, dass man seit einem Jahr an der Thematik dran sei. Zuerst sei die Variante Holzhackschnitzelanlage geprüft und aus praktischen Gründen abgelehnt worden. Die Laster müssen ihre Fracht abkippen können, und das wäre im vorliegenden Fall nur an jener Seite möglich gewesen, wo der Kindergarten Heimgarten angrenzt. Eine solche Anlieferung sei jedoch für den Kindergartenbetrieb nicht tragbar.
Dann wurde die Variante Pellets geprüft. Pellets könnten auch von der Weissacher Straße in die Heizzentrale gepumpt werden. Diese Möglichkeit scheiterte, weil das angeschlossene Gebiet und somit die Wärme-Abnahmemenge zu klein sei. Die Anlage hätte nicht effizient betrieben werden können, die Wärme wäre laut Höfer teurer geworden. Und dadurch wäre die Wohnbebauung im Spitzwegareal auf der anderen Straßenseite weggefallen. Grund: Wenn Wärme von Dritten an Abnehmer verkauft wird, darf sie laut Gesetz nicht teurer sein als zuvor. Das wäre aber dann der Fall.
Höfer setzt auf die Brückentechnologie Gas-BHKW. „Wir brauchen diese Technologie alleine wegen des Stroms. Wir werden künftig Erdgas künstlich herstellen können, und zwar aus dem zu bestimmten Zeiten überschüssigen Strom.“ Dass andere BHKW – etwa in Kleinaspach – mit Holzhackschnitzeln arbeiten, hänge damit zusammen, dass deren Grundlast von einer Biovergärungsanlage gedeckt ist. Wäre das Abnehmergebiet doppelt so groß, dann wäre die Holztechnik wieder interessant. Auf der anderen Seite gehe es auch nicht, das Gebiet einfach zu vergrößern. Zum einen werde das Projekt dann schnell sehr aufwendig und kompliziert. Zum anderen kommen die Stadtwerke dann in den Verdrängungswettbewerb. Und viele Hausbesitzer in der Umgebung heizen mit Erdgas. Eben mit jenem fossilen Brennstoff, den die Stadtwerke liefern.