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Landschaftspflege, die auch schmeckt

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Von Simone Schneider-Seebeck

KIRCHBERG AN DER MURR. Sie sind ein unverzichtbarer Teil der Kulturlandschaft im Ländle – die Streuobstwiesen. Ursprünglich zur Selbstversorgung mit Obst gedacht, erfahren die grünen Wiesen mit ihrer Vielfalt an Obstsorten eine Renaissance bei der Bevölkerung. Arbeit an frischer Luft, Freude an sinnvoller Tätigkeit, ein Bewusstsein für gesunde Ernährung, das sind nur einige Beweggründe, die die Besitzer eines „Stückle“ dazu antreiben, sich mit großer Hingabe um ihre Bäume zu kümmern. Dazu bedarf es jedoch fachkundiger Beratung, um die Bäume gut und lange erhalten zu können. Der Landesverband für Obstbau, Garten und Landschaft Baden-Württemberg (LOGL) unterstützt Obstbaumbesitzer durch seine geprüften Obst- und Gartenfachwarte dabei.

Im Rems-Murr-Kreis finden sich besonders ausgedehnte Gebiete mit Streuobstwiesen, hob LOGL-Schatzmeister Roland Gommel in seiner Begrüßung zur Auftaktveranstaltung der 10. Landesweiten Streuobstpflegetage hervor. Zwei Kreisverbände mit 60 Obst- und Gartenbau-Ortsvereinen und rund 7000 Mitgliedern gehören hierzulande diesem Dachverband an. LOGL-Geschäftsführer Rolf Heinzelmann gab in seiner Begrüßung im Kirchberger OGV-Heim einen Überblick über die Bedeutung des teilweise jahrzehntealten Baumbestandes. So stehen im Ländle auf gut 115000 Hektar etwa neun Millionen Streuobstbäume, von denen etwa die Hälfte privat bewirtschaftet wird.

„Die Streuobstwiesen spiegeln den Charakter von Baden-Württemberg wider“, so Heinzelmann. Sie bilden den Lebensraum von gut 5000 verschiedenen Tier- und Pflanzenarten. Der Apfel macht etwa die Hälfte der Obstsorten aus, Kirschen ein Viertel, der Rest verteilt sich auf Birnen, Zwetschgen, Walnüsse. Die alten Obstsorten bieten dabei ein großes Potenzial für neue Züchtungen, besonders im Bereich von Krankheitsresistenzen oder auch in Bezug auf den Klimawandel. Großer Wert wird auf die Regionalität der Sorten gelegt. 2017 ist daher der Backnanger Sonnenwirtsapfel zur Streuobstsorte des Jahres gewählt worden, eine Sorte, die vor 80 Jahren entdeckt wurde. Seine Widerstandsfähigkeit – er ist auch geeignet für höhere Lagen – sowie die landschaftspflegende Krone zeichnen ihn aus, er wird sowohl als Tafel- als auch als Wirtschaftsapfel genutzt und bietet gute Erträge.

Der LOGL bildet Obst- und Gartenfachwarte aus, die mittlerweile in 32 von 35 Landkreisen aktiv sind und mit ihrer Unterstützung und Beratung zum Erhalt der Kulturlandschaft beitragen. Im Vordergrund steht dabei die Sanierung älterer Bäume. Bereits zum zehnten Mal findet in diesem Jahr die Aktion „Streuobstpflegetage im März“ statt. Die teilnehmenden Obst- und Gartenbauvereine melden dabei dem LOGL, wie viele Bäume im Monat März geschnitten wurden. In den vergangenen Jahren waren das jeweils zwischen 7000 und 9000, die nur dank ehrenamtlichen Engagements ohne öffentliche Zuschüsse gepflegt wurden.

Landrat Dr. Richard Sigel hob in seinem Grußwort den fachkundigen Einsatz des LOGL hervor und betonte, wie wichtig es dem Landratsamt sei, Unterstützung zu bieten, etwa bei der Bio-Zertifizierung der Streuobstwiesen, der Obstbauberatung mit einem Schnittkursangebot, das sich auch an jüngere Baumbesitzer wendet und sehr gut angenommen wird, und vor allem bei der Hagelabwehr. Hier sei der Rems-Murr-Kreis seit über 25 Jahren ein Vorreiter, im letzten Jahr habe man die Landkreise Ludwigsburg und Heilbronn für eine Beteiligung gewinnen können.

Danach wurde auf dem Gelände des Kirchberger Obst- und Gartenbauvereins ein Sonnenwirtsapfelbäumchen gepflanzt. Andreas Hieber, 2. Vorsitzender des Kreisverbandes Waiblingen, erläuterte dabei, worauf es bei einer Baumpflanzung ankommt – ein Wühlmauskorb zum Schutz der Wurzeln, ein erster Schnitt als Grundlage für den späteren Baumwuchs, ein Drahtgewebe zum Schutz vor Wildverbiss. „Die ersten zehn Jahre dienen dem Aufbau des Baumes, damit er schnell eine große Krone erhält“, erklärte Hieber. Am Beispiel eines 25 Jahre alten Mostbirnenbaums demonstrierte er dann einen Rückschnitt zur Revitalisierung des Baumes. Parallel dazu bot der OGV einen Schnittkurs mit Obstbaufachberater Adrian Klose für Interessierte an.


            Am Beispiel eines 25 Jahre alten Mostbirnenbaums demonstrierte Andreas Hieber einen Rückschnitt zur Revitalisierung des Baumes. Foto: A. Becher

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