Von Ingrid Knack
Herr Sonntag, Sie sind nach den Worten von Gruschtelkammer-Chef Charley Graf der Künstler, der am häufigsten in der Kleinkunstbühne in Auenwald zu Gast war. Wissen Sie, wie oft genau?
Nachdem ich mich schon bei meinem aktuellen Programmtitel „100 Jahre Christoph Sonntag“ verrechnet habe, kriege ich auch hier keine exakte Zahl hin...
Die Gruschtelkammer ist eine ganz besondere Location mit einem Publikum, das sich dank des vielfältigen, hochkarätigen Programms bestens auskennt in der Kabarettszene. Wie erleben Sie die Auftritte dort im Vergleich zu anderen, zum Teil auch gigantisch großen Bühnen?
Die Gruschtelkammer hat ihr Publikum über die Jahre tatsächlich zu einem kundigen, informellen Kabarettpublikum erzogen. Es kennt sich mittlerweile in der Szene aus, weiß, was es erwartet und hat meistens furchtbar gute Laune.
Am Freitag treten Sie ja nicht in der Sängerhalle Oberbrüden, sondern in der Auenwaldhalle auf. „100 Jahre Christoph Sonntag – Die Jubeltour“ heißt das Programm. Warum diese satirische Hochstapelei? Eigentlich sind es ja 25 Jahre Bühne, oder?
Im Ernst: Ich habe mir wirklich überlegt, wann hat man begonnen? Als ich mich in der dritten Klasse zum ersten Mal hinter der Tafel versteckt habe und die ganze Klasse sich totlachen musste? Als ich kurz nach dem Abitur bei einer Kabarett-Gruppe immer mal wieder dabei war? Als ich mich entschieden habe, das beruflich zu machen? Das gesuchte Datum ist ohnehin willkürlich, also dachte ich: Wenn es ohnehin nicht stimmt, kann es ja auch gleich ganz furchtbar nicht stimmen!
Sie gehen bei diesem Programm mit der SWR-Landesschau auf Tour. Was bedeutet das konkret?
Wir sind ja ohnehin Partner, ich liefere der Landesschau jeden Freitag eine zweiminütige Glosse namens „Sonntag am Freitag“, da war es naheliegend, dass wir mein Publikum und die Landesschau-Schauer ein bisschen miteinander verknüpfen.
EU-Kommissar Günther Oettinger oder MP Winfried Kretschmann gehören zu den Politikern, die Sie gerne in Ihren Programmen sprechen lassen. Für einen schwäbischen Kabarettisten ist dieser Stoff ja ein gmähts Wiesle. Können Sie sich vorstellen, sich nun auch Politiker der AfD vorzunehmen?
Im Augenblick hätte ich dabei das Gefühl, sie aufzuwerten. Das möchte ich gerne vermeiden!
Alltägliches und gesellschaftliche Entwicklungen nehmen in Ihren Programmen einen großen Raum ein. Das klassische politische Kabarett überlassen Sie anderen. Haben Sie schon einmal darüber nachgedacht, weniger Unterhaltung und mehr Themen wie IS-Terror, Erdogan, Meinungsfreiheit, Diskussion um die Einführung der Todesstrafe nicht nur in der Türkei, Religion und Satire in Ihre Programme aufzunehmen? Ihre „Sonntag-Stiphtung“ hat ja schon Toleranzgipfel veranstaltet. Das sieht schon sehr politisch aus... Hintergrund der Frage ist auch: Wie gehen Sie mit diesen Themen um?
Klartext: Ich spiele in diesem Programm auch Nummern von früher, die man heute noch bringen kann. Kabarett von der Bühne runter verändert die Welt nicht, wer sich das einbildet, lügt sich etwas in die Tasche. Ich verändere die Welt im Kleinen mit meiner „Stiphtung“, und auf der Bühne mache ich den Menschen vor allem Freude. Ich gehe politisch motiviert an die Sache ran, aber ich bin kein Überzeugungstäter, ihre Grundmeinung müssen sich die Menschen woanders holen.
Ihre „Stiphtung“ nimmt sich auch der Themen „Gesunde Ernährung, Tisch & Kultur“ für Schüler an. Was ist Ihr Lieblingsessen?
Wenn ich auf der Speisekarte Gaisburger Marsch sehe oder LSS (Linsen/ Spätzle/Saitenwürste), kann ich nichts anderes mehr bestellen!
Nicht nur in Politik und Religion, sondern auch in der Ernährung sind immer mehr selbst ernannte Propheten unterwegs. Was sagt der „Stiphtungs-Gründer“ dazu?
Auch, wenn das jetzt nicht nach aggressivem Kabarettisten klingt, aber ich halte es oft mit Eduard Mörike: „In der Mitten liegt holdes Bescheiden!“ Ich sehe die Probleme der Massentierzucht, aber wenn die Essenspropheten messianische, kreuzzüglerische und lustfeindliche Züge aufweisen, sind sie mir sehr suspekt!
Sie äußerten einmal, dass Sie mit dem Jubeltour-Programm auch back to the roots gehen. Worauf darf sich das Publikum besonders freuen?
Ich glaube, die Mischung aus Klassik-Nummern, eingebettet in die Neuzeit, machen dem Publikum besonders viel Spaß. Ich freue mich sehr auf Auenwald.
