Von Kornelius Fritz
BACKNANG. Die Verspätungen auf der Murrbahn zwischen Backnang und Stuttgart und auf der Remsbahn zwischen Schorndorf und der Landeshauptstadt beschäftigen Gernot Gruber schon länger. Im Januar 2015 hatte der SPD-Landtagsabgeordnete schon einmal Fragebögen an verschiedenen Bahnhöfen in der Region verteilt und Pendler gebeten, ihre Fahrten zu protokollieren.
53 Bahnfahrer beteiligten sich damals an der Aktion und meldeten bei 460 Fahrten insgesamt 2776 Minuten Verspätung. „Damit ist ein Pendler in der Woche mit etwa einer Dreiviertelstunde an Verspätungen konfrontiert“, lautete Grubers Fazit. Seine Ergebnisse schickte er an die Bahn und verschiedene andere Stellen. Und dort gelobte man Besserung: Unter anderem wurde zugesagt, die Budgets für die Sanierung der Infrastruktur zu erhöhen, denn oft sind Störungen an Signalen, Schienen oder den Zügen selbst die Ursache, wenn Bahnen Verspätung haben oder ganz ausfallen.
Bei der Frage, ob die Züge seitdem pünktlicher geworden sind, gehen die Meinungen allerdings auseinander. Gernot Gruber und etliche Pendler, mit denen er sich regelmäßig austauscht, können keine spürbare Verbesserung erkennen. „Temporär wird es besser, aber dann auch wieder frustrierend schlecht“, sagt der SPD-Politiker. Zuletzt notierte er innerhalb von zehn Tagen acht Störungen, unter anderem an den Zügen, der Oberleitung und im Stellwerk.
Ende Januar hat Gruber deshalb noch einmal einen Brief an die Deutsche Bahn geschrieben und die anhaltenden Verspätungen bemängelt. Doch dort schätzt man die Situation ganz anders ein. In dem Antwortschreiben, das Gruber jetzt vom Konzernbevollmächtigten für Baden-Württemberg, Sven Hantel, erhalten hat, heißt es: „Die Pünktlichkeit der Regionalverkehrslinien im Rems- und Murrtal liegen über dem Durchschnitt bei circa 95 Prozent. Das heißt, dass von 20 Zügen nur ein Zug mehr als sechs Minuten verspätet ist.“ Auch im Bereich der S-Bahn habe man ein Qualitätsprogramm zur Steigerung der Pünktlichkeit gestartet, „von dem auch die S2 nach Schorndorf und die S3 nach Backnang profitieren.“ Aber wieso ist die Wahrnehmung vieler Pendler eine ganz andere? Gernot Gruber kann das zum Teil erklären: „Die Verspätungen häufen sich vor allem in der Hauptverkehrszeit, wenn die Masse der Leute unterwegs ist.“ Sprich: Selbst wenn 19 von 20 Zügen pünktlich sind, hilft das wenig, wenn immer derselbe Zug im Berufsverkehr Verspätung hat. Und auch die Frage, was überhaupt „verspätet“ heißt, lässt sich durchaus unterschiedlich interpretieren. Die Bahn zähle Verspätungen erst ab drei Minuten, weiß Gernot Gruber. „Dafür werden die Abfahrtszeiten an drei Bahnhöfen erfasst und daraus das arithmetische Mittel errechnet“. Im Fall der S3 werde etwa in Waiblingen, Cannstatt und am Stuttgarter Hauptbahnhof gemessen. Ein Zug, der an den ersten beiden Bahnhöfen nach Plan abfährt, gelte folglich selbst dann noch offiziell als pünktlich, wenn er in Stuttgart mit acht Minuten Verspätung ankomme: „Die Statistik ist also geschönt“, beklagt Gruber.
Der Mathematiker will sich deshalb nicht auf die Zahlen der Bahn verlassen und noch einmal eine eigene Umfrage starten. Der SPD-Abgeordnete greift damit das Angebot von Bahn-Manager Hantel auf, der in seinem Antwortbrief schreibt: „Gerne bin ich auch bereit, den konkreten Ursachen für Zugverspätungen und -ausfälle nachzugehen, wenn Sie mir die Einzelheiten (Zeitpunkt und Ort) des Ereignisses nennen.“
Betroffene können Verspätungen und Vorfälle auf der Murr- und der Remsstrecke bis Ende Juni an Gernot Grubers Bürgerbüro, Am Schillerplatz 3, 71522 Backnang oder per E-Mail an info@gernotgruber.de melden. Der Abgeordnete wird die Meldungen sammeln, aufbereiten und an die Deutsche Bahn weiterreichen.