Von Peter Wark
AUENWALD.Auf den Mund gefallen ist Marianne Koch nicht. Die Unterbrüdenerin erklärt wortreich, was sie von der Gemeindeverwaltung und deren führenden Köpfen hält: nichts – und das ist eher untertrieben. Am vergangenen Mittwoch hat die Wirtin des Sonnenstübles nun endgültig die Fläche geräumt, nachdem sie schon länger einen Holzverschlag entfernt hatte. Damit kam sie vermutlich Zwangsmaßnahmen zuvor. Hätte sie das nicht getan, wäre die Sache vor Gericht gegangen; ein finanzielles Abenteuer, auf das sich die Frau nicht mehr einlassen will.
Mit dem Bürgermeister hat sie fertig. „Fünf Schultes habe ich erlebt, mit keinem gab es Ärger“, sagt sie, dafür jetzt umso mehr: „Der hat mich reingelegt.“ Dabei sei er doch zu Beginn seiner Amtszeit immer zu ihr zum Essen gekommen. „60 Jahre lebe ich im Flecken, der hat keine Ahnung davon, was er mir antut.“ Die Sache nimmt die Frau emotional mit, das merkt der Gesprächspartner schnell.
Seit dem vergangenen Jahr drängte das Rathaus darauf, dass Marianne Koch die mannshohen Zäune entfernt, mit denen sie seit gefühlt ewigen Zeiten die schmale Gasse zwischen ihrem Gebäude Lippoldsweilerstraße 11 und dem Alten Rathaus (Lippoldsweilerstraße 13) abgesperrt hat und die bisher geduldet waren. Hier soll ein barrierefreier Zugang zur Ampel und zum Fußgängerüberweg auf der Lippoldsweilerstraße ermöglicht werden. Seit vielen Jahren müssen Menschen mit Rollator, Gehhilfe oder Kinderwagen die Treppe beim Rathaus nehmen oder einen großen Umweg machen, wenn sie zur Lippoldsweilerstraße gelangen wollen. Der Ortsseniorenrat hatte das in einer Gemeinderatssitzung angesprochen, nachdem das Seniorenheim Haus Elim in Betrieb gegangen war.
Mit den Absperrungen hatte Marianne Koch eine Art Zwinger für ihre Tibet-Mastiff-Hündin Luncy errichtet. Der Großteil des Grundstücks (Flurstück 16/2) gehört der Gemeinde, ein schmaler Streifen ist im Besitz von Familie Koch.
Das Tier, so argumentiert seine Besitzerin, sei seit seiner siebten Lebenswoche diesen Platz gewohnt und befinde sich im Alter von 13 Jahren sowieso am Ende seines Lebenszyklus. „Warum kann die Gemeinde denn nicht wenigstens noch warten, bis die Hündin nicht mehr lebt?“, fragt Marianne Koch. „Das Tierle ist unser Kind“, sagt sie. Bei diesen Worten schießen der sonst so resoluten Frau die Tränen in die Augen.
„Ihre persönlichen Belange, auch in Bezug auf Ihre Hundehaltung können wir zugunsten einer wichtigen barrierefreien Verkehrsfläche nicht beachten“, heißt es in einem Schreiben des Rathauses in dieser Angelegenheit.
Alte Zusagen gelten nicht mehr;
Rathaus pocht auf Allgemeinwohl
Es sei zwar verständlich, dass die Anwohnerin für ihre Sache kämpft, sagt Bürgermeister Karl Ostfalk. Er selbst habe aber immer wieder in persönlichen Gesprächen versucht, sie von der Notwendigkeit des barrierefreien Durchgangs zu überzeugen.
Mehrfach hatte das Rathaus die streitbare Nachbarin schriftlich aufgefordert, die Zäune abzubauen und die Fläche zu räumen. Dies auch mit der Drohung, die Maßnahmen kostenpflichtig für sie umzusetzen. Der ehemalige Bürgermeister Peter E. Friedrich habe sie darin bestärkt, die Fläche für ihre Hunde zu nutzen, erklärt dagegen Marianne Koch. Jahrzehntelang habe sie ihre Hunde dort in einem Zwinger untergebracht, ohne dass es irgendeine Art von Ärger gegeben habe. Friedrich habe ihr das Grundstück ohne zeitliche Begrenzung zur Nutzung und Pflege überlassen.
Im Nachhinein sei es naiv gewesen, auf die Zusagen zu bauen und sich diese nicht schriftlich geben zu lassen, bereut Marianne Koch heute. Sie legt Fotos vor. An jedem Eingang zur Gasse sind Schilder „Privatweg – Kein Durchgang“ zu sehen, die die Gemeinde einst dort angebracht hatte. Damit und mit der Sperrung sei auch ein großer Gefahrenpunkt an der Einmündung zur Lippoldsweilerstraße verhindert worden, indem keine Kinder mehr mit dem Fahrrad durchfahren konnten.
Für die heutige Gemeindeverwaltung sind das alles keine Argumente. Sollte es eine solche Zusage auf Vertrauensbasis gegeben haben, sei die nicht mehr nachvollziehbar. „Zwischen der Gemeinde Auenwald und Ihnen gab und gibt es keine Vereinbarung oder sonstige nachgewiesene Erklärung zur Nutzung für Sie. Auch wurde keine grundbuchrechtliche Regelung getroffen.“ Sie habe lediglich ein Geh- und Fahrrecht wie jeder andere auch. Die Hundebesitzerin hat inzwischen einen neuen, viel kleineren Zwinger vor ihrer Garage aufgestellt. Nur will Luncy den nicht akzeptieren – und mindestens ein Nachbar zeigt sich wenig angetan, denn die Hündin kann ausdauernd und anhaltend bellen, wie beispielsweise Besucher des Rathauses wissen.
Ein weiterer Aspekt der Angelegenheit: Marianne Koch befürchtet, nicht mehr ohne Gefahr für Passanten aus ihrer Garage fahren zu können: „Was ist, wenn da ein Kind mit dem Rad durchfährt und etwas passiert? Wer ist dann schuld?“, stellt sie eine rhetorische Frage.
Diese Gefahr sieht offenbar auch die Gemeinde. Sie hat am Mittwoch Warnschilder anbringen lassen. Ein Verkehrsspiegel wird auch notwendig, den muss aber die Wirtin selbst bezahlen.
So haben es die Rechtsanwälte beider Parteien ausgehandelt, die sich seit geraumer Zeit mit der Thematik befassen.