Von Renate Häussermann
BACKNANG. Jahrelang hat man versucht, das aus dem Jahr 1878 stammende Bauwerk zu erhalten. Neue Nutzungen waren angedacht. Museum, Gastronomie, Kabarett. Alle Visionen scheiterten letztlich an den Kosten. Denn es ist und bleibt ein Schuppen mit Holzwänden. Hätte man einen Investor gefunden, hätte dieser massive Wände einziehen müssen, erläuterte Stadtplanungsamtschef Stefan Setzer am Donnerstag. Allein schon aus Brandschutzgründen hätte dies geschehen müssen. Das finanzielle Risiko schreckte jeden Interessenten ab.
„Der Schuppen muss weg“, forderte Alfred Bauer (BfB) einmal mehr und erinnerte an eine Besichtigung vor einem Jahr. Da habe er mit seinem Messer in den morschen Holzboden reingestochert und sei 2,5 Zentimeter tief eingedrungen. Aufsteigende Feuchtigkeit, keine Chance auf Rettung zu einem akzeptablen Preis, so Bauers Fazit.
„Endlich“, atmete auch Gerhard Ketterer (CDU) auf. Seine Fraktion hatte den Abriss schon lange im Fokus. Nun werde Backnang mit der Umgestaltung des Bahnhofumfelds modern und zukunftsfähig, „Backnang steht dann wieder ganz vorn“. Die Verwaltung habe „ein überzeugendes Konzept“ vorgelegt.
Auch UBV-Stadtrat Wolfgang Schwalbe zeigte sich zufrieden, dass der Schuppen wegkommt. Er schlug vor, ihn gleich abzureißen und auf der dann frei werdenden Fläche weitere Parkplätze auszuweisen. Geht aber nicht. Kämmerer Siegfried Janocha machte darauf aufmerksam, dass zunächst ein Sanierungsgebiet ausgewiesen werden müsse. Nur so kann die Stadt auch auf Zuschüsse hoffen. Von 60 Prozent geht man aus. Würde der Güterschuppen jetzt schon abgerissen, müsste die Stadt die Kosten allein tragen. Das will man freilich nicht.
Die Grünen waren immer etwas zögerlich beim Thema Güterschuppen. Alle bisherigen Lösungen seien „unkreativ“ gewesen, sagte Melanie Lang. Doch nun schlage die Verwaltung eine „tolle große Lösung“ vor, und da könnten auch die Grünen mitgehen.
Auch in der SPD-Fraktion hatte es immer wieder Stimmen pro Güterschuppen gegeben. Fraktionschef Heinz Franke gab nun grünes Licht für den Abbruch. Doch es sei keine leichte Entscheidung, „den Güterschuppen zu opfern“.
Oberbürgermeister Frank Nopper sah die ganze Angelegenheit pragmatisch: „Ich breche den Güterschuppen nicht mit Freude und Begeisterung ab, aber es ist notwendig.“
Was steckt dahinter? Wie berichtet, möchte Backnang das Bahnhofsumfeld umgestalten zur Mobilitätsdrehscheibe. Dazu gehört die Barrierefreiheit im und um den Bahnhof. Geplant sind unter anderem die Erhöhung der Bahnsteige an den Gleisen 2 und 3, ein neuer Fußgängersteg mit Aufzügen sowie die Verlegung des zentralen Omnibusbahnhofs (ZOB). Als Letzterer 1987 gebaut wurde, war die Barrierefreiheit noch kein Thema. Dies stellt sich heute anders dar.
Der bestehende ZOB kann nur mit unverhältnismäßig großem finanziellen Aufwand barrierefrei gemacht werden. Deshalb wird der ZOB verlagert auf das Gelände des Güterschuppens. Im jetzigen ZOB gibt es dann ein weiteres P+R-Deck sowie einen Carsharing-Standort und eine Bike-and-ride-Anlage.
Die Umgestaltung soll rund 14 Millionen Euro kosten – Eigenanteil für die Stadt etwa 6,6 Millionen Euro – und wird sich ab 2018 über einen Zeitraum von ungefähr vier Jahren hinziehen.