Von Wolfgang Wulz
Nur noch für wenige Alteingesessene bildet der Großaspacher Ortsspitzname „Riabehäfe“ eine lebendige Reminiszenz an die früheren Zeiten im Zentralort der heutigen Gemeinde Aspach und ihre Bewohner, deren Haupterwerbsquellen in Feldbau und Viehzucht bestanden.
Die ziemlich große Markung bildet mit Ausnahme einiger ganz leicht eingefurchter Tälchen ein flachwelliges, leicht zu bebauendes Land mit fruchtbarem, meist tiefgründigem, etwas sandigem Lehmboden, der an einzelnen Stellen wegen lettiger Unterlage etwas schwer und nasskalt ist. Von Brach- und Handelsgewächsen gedeihen besonders Kartoffeln, Angersen, dreiblättriger Klee, Luzerne und Wicken, schreibt schon der Chronist der Backnanger Oberamtsbeschreibung aus dem Jahr 1871.
Neben den Kartoffeln waren also die Angersen, schwäbisch: „Angersche“, eine sehr wichtige Frucht. Heute ist für sie nur noch der Name Futterrübe geläufig. Im 18. Jahrhundert erst hat man in diesem auch Runkelrübe genannten Gewächs einen erhöhten Zuckergehalt von etwa acht Prozent festgestellt. Durch Züchtung entstanden daraus Zuckerrübensorten mit bis zu 20 Prozent Zucker. Bis dahin hatte es auch keine Unterscheidung zwischen Nahrungs- und Futterrüben gegeben. Erst im 19. Jahrhundert kamen aus dem Rheinland spezielle fleischige Futterrüben, die ausschließlich als Viehfutter eingesetzt wurden.
In „Aschbe“ wurden sowohl Futter- als auch Zuckerrüben angebaut, und die Bauern haben diese Früchte nicht nur in die Zuckerraffinerie vollständig abgeliefert oder gänzlich verfüttert, sondern zum Teil auch für den Hausgebrauch gewaschen, geschnitzelt und mit etwas Wasser eingekocht, um daraus einen dickflüssigen Sirup, das sogenannte Rübenkraut, zu gewinnen.
In schlechten Zeiten bietet der Saft aus Rüben eine nahrhafte Masse
Das geschah in riesigen Häfen, ganz ähnlich, wie sie die Rietenauer für ihre Schnitz verwendet haben. Ein Bauer berichtet aus seiner Kindheit, wie sehr das beim Einkochen gestunken habe. Auch sei der Rübendicksaft, vor allem wenn auch zu viele Fütterrüben darunter geraten seien, nicht besonders schmackhaft oder süß gewesen, sondern habe „gwildelet“, also nach nitrathaltigem Boden, so ähnlich wie Rote Bete, geschmeckt. Trotzdem sei es eben in den schlechten Zeiten nach den Kriegen immer eine willkommene Ergänzung zur sonstigen schmalen Kost gewesen und habe den Magen recht schnell „ausgemauert“.
An den Rübenanbau erinnert in Großaspach auch die „Rübengasse“, die, wie ein älterer Einwohner noch weiß, „naus ens Wiesetal auf d’ Felder gange dät ond friaher dr eigentliche Weg von de Äcker en de Ort gwea isch.“ Im Aspacher Heimatbuch berichtet Ferdinand Stolz unter dem Titel „Als die Postkutsche noch fuhr“ auch von einem „vergnügten Vorsitzabend“ in der Rübengasse bei Gottlieb Trefz, wo sich an Winterabenden Alte und Junge zum „Spinnen, aber auch Singen, Necken und Scherzen bei Bratäpfeln und Schnitzbrot“ getroffen hätten. Und man kann sich vorstellen, dass nach einigen Krügle Moscht so mancher Schwank erzählt wurde. Etwa über Ausflüge zum Tanzvergnügen in den „vornehmen“ Rietenauer Ballsaal.
Nachbarschaftliche Begegnungen
mit wüstem Ausgang
Nicht selten endeten die Begegnungen mit üblen Schlägereien zwischen den „Aschbener Riabehäfe“ und den „Rietener Schnitzhäfe“. Diese Neckereien schluckte man zwar meist, aber wenn die dortigen Platzhirsche dann das nachfolgende Spottversle anhören mussten, liefen die „Schnitzhäfe“ regelmäßig über:
In Rietenau, in Rietenau,
do isch dr Hemmel blau.
Do danzt dr Ziegebock,
mit seiner [wiaschde] Frau
Em [gflickte] Onderrock.
Dann aber mussten die „Riabahäfe“, so schnell, wie’s ging, das Weite suchen, um nicht mit „verschlagene Ranze ond blutige Zenke“ heimzukehren.
Bitte richten Sie Hinweise zu den schwäbischen Necknamen an die Backnanger Kreiszeitung, Postfach 1169, 71501 Backnang, E-Mail necknamen- @bkz.de oder auch direkt an den Autor Wolfgang Wulz, möglichst per E-Mail an mundart@wulz.de oder per Post an die Adresse Goldregenstraße 6, 71083 Herrenberg.