Von Katrin Dörr
WAIBLINGEN. Ali (alle Namen geändert) arbeitet als Aushilfe im Betrieb seiner Eltern, sein Freund Muhammed ist arbeitslos. Kemal arbeitet als Heizungsanlageninstallateur und wohnt bei seiner Familie. Alle drei kommen aus Leonberg. Yusuf stammt aus dem Raum Backnang und unterstützt im Moment seinen Vater in dessen Betrieb. Alle vier jungen Männer sind zwischen 20 und 21 Jahre alt.
Das Quartett soll sich im April vergangenen Jahres verabredet haben und gemeinsam nach Allmersbach im Tal gefahren sein, wo sie sich mit dem Dealer treffen wollten. Was sie nicht wussten: Sie wurden die ganze Zeit von der Polizei observiert. Ali und Yusuf stiegen aus, um bei dem Kontaktmann 200 Gramm Marihuana zu erwerben. Dieser wurde bei der großen Menge jedoch misstrauisch und verkaufte ihnen nur 100 Gramm. Ali und Yusuf kehrten mit einer gelben Tüte zum Fahrzeug zurück, dann ging es Richtung Backnang.
Polizei nimmt das Quartett
beim Halt am Straßenrand fest
Dort hielten sie an einer Stelle, wo eine weitere Person am Straßenrand wartete. In diesem Moment startete die Polizei ihren Zugriff. Sie nahm die vier jungen Männer im Auto fest. Der Wartende entwischte. Es ist unklar, was er vorhatte.
Die Angeklagten gaben an, sie hätten das Marihuana für den Eigenkonsum von Muhammed gekauft. Die Staatsanwältin rechnete vor: 100 Gramm reiche für 750 Konsumeinheiten, die ursprüngliche Menge von 200 Gramm sogar für 1500 Konsumeinheiten. Eine solche Menge könne auf keinen Fall für den Eigenkonsum einer Person gedacht sein, da Marihuana nicht ewig haltbar ist. Das könne nur zum Weiterverkauf bestimmt gewesen sein. Der Kauf von Betäubungsmitteln mit dem Ziel, sie weiterzuverkaufen, gilt als Handel. Die Verteidigung hielt dagegen, es gebe außer der Menge keinen weiteren Anhaltspunkt für den Handel, und für einen Vielkonsumenten seien 100 Gramm auch nicht ungewöhnlich. Er plädierte dafür, die Angeklagten deswegen nur für den Erwerb von Betäubungsmitteln zu verurteilen.
Ein weiterer Streitpunkt war die Beteiligung von Kemal. Der Mitangeklagte gab an, er habe nichts von den Drogengeschäften gewusst und nur als Fahrer fungiert. Die Staatsanwältin war sich jedoch sicher, dass er spätestens in Allmersbach etwas gemerkt haben muss. Außerdem stellte sich die Frage, warum sich Yusuf auf das Geschäft einließ.
Die Jugendgerichtshelferin erklärte, er sei in der Schule gemobbt worden und habe daraufhin die Schule gewechselt. Er habe wenig Kontakt zu Gleichaltrigen, sei etwas labil und immer auf der Suche nach sozialer Anerkennung. „Wenn man was von ihm will, kann er nicht Nein sagen“, war ihre Einschätzung.
Muhammed ist seit 2014 arbeitslos. Der Richter war sich sicher, dass seine Antriebslosigkeit von exzessivem Marihuanakonsum herrührt. Um nicht mehr dem schlechten Einfluss seiner Freunde in Leonberg ausgesetzt zu sein, zog er zu seiner Tante nach Feuerbach. Der Richter würdigte dies als ersten Schritt in Richtung eines Lebens ohne Drogen.
Ali und Muhammed wurden wegen des Handels mit Betäubungsmitteln schuldig gesprochen, Yusuf wegen Beihilfe zum Handel von Drogen und Kemal wegen Beihilfe zum Erwerb. Die Punkte wurden unterschiedlichen geahndet. Muhammed bekam die schwerste Strafe: neun Monate auf Bewährung mit der Auflage, Termine bei einer Drogenberatung wahrzunehmen, Arbeitsstunden zu verrichten und in den nächsten Monaten negative Drogentests abzugeben. Im Moment hat er noch gemeinnützige Arbeit von seinem letzten Gerichtsverfahren abzuarbeiten.