Von Katharina Klein
Holderles Befürchtung lag darin begründet, dass für die Gäste aus München fast ausschließlich international erfolgreiche Kämpferinnen kämpften. Umso erfreulicher sind einige Einzelleistungen der Backnangerinnen. Allen voran zeigte Anna-Maria Wagner (Klasse bis 78 Kilogramm), was in ihr steckt. Zuerst bezwang sie Christiane Weidendorfer nach zehn Sekunden, im zweiten Durchgang besiegte sie Claudia Probst nach 17 Sekunden. „Anna-Maria hat nicht einfach nur stark gekämpft - sie hat die Kämpfe auch klar dominiert“, lobte Holderle.
Ähnlich flott unterwegs war Antoinette Hennink (bis 70). Sie bekam es zunächst mit der mehrfachen tschechischen Meisterin Alena Eiglová zu tun. Mit einem Harai-Goshi (Hüftfeger) legte Hennink ihr bereits nach 24 Sekunden das Handwerk. Auch im zweiten Kampf gegen Philine Falk brachte ein Harai-Goshi und ein Konter Hennink zum Sieg. „Was Antoinette heute gezeigt hat, war überragend“, freute sich Jens Holderle.
Ebenfalls gut lief es für Vera Dworaczyk (bis 52) in ihrem ersten Kampf. Gegen Jessica Keil erwies sich ebenfalls ein Harai-Goshi Ansatz als wirksames Mittel, das Dworaczyk mit einer kleinen Wertung (Yuko) in Führung brachte. Ein Haltegriff machte den vorzeitigen Sieg perfekt. Zum zweiten Kampf musste Dworaczyk dagegen gar nicht mehr antreten, da Keil kampflos aufgab.
Tecla Grol (bis 63) setzte sich über die volle Kampfzeit gegen Emily Dotzler durch, die mit zwei Strafen verlor. Damit waren die sieben Punkte für Backnang im Trockenen. Mehr ging nicht.
Der Rest der Mannschaft musste das Können ihrer jeweiligen Kontrahentinnen anerkennen. Katharina Menz (bis 48) verlor gegen die amtierende U-23-Europameisterin U 23 Milica Nikolic. Holderle relativierte die zwei Niederlagen der Deutschen Meisterin gegen die Serbin: „Nikolic ist richtig gut. Da darf auch eine Katharina Menz mal verlieren. Deshalb sind wir eine Mannschaft, damit andere die Niederlagen kompensieren.“ Ebenfalls chancenlos war Jasmin Delorme, die hochgestuft wurde und in der Kategorie über 78 Kilogramm kämpfen musste. Hier traf sie auf die Ex-Backnangerin Carolin Weiß, die erst letzte Woche Fünfte der Europameisterschaft wurde. Delorme machte aber nicht nur die klare körperliche Überlegenheit der Deutschen Meisterin zu schaffen: „Carolin ist richtig gut,“ anerkannte Holderle.
Ein weiterer harter Brocken bei Großhadern war Theresa Stoll (bis 57). Weder Romy Tarangul noch Birgit Ente konnten gegen die Deutsche Meisterin was ausrichten. Auch Zugang Natalia Kubin (bis 63) bekam es mit einer Stoll zu tun – mit Amelie Stoll. „Natalia hat den Kampf gut gemeistert,“ bewertete Holderle das Debüt der Pfälzerin. Insgesamt war der Coach ohnehin zufrieden: „Großhadern war hochkarätig besetzt. Das hätte ganz anders ausgehen können.“
Respekt vor dem Gegner hatte allerdings auch Großhaderns Coach Lorenz Trautmann, der im Januar zum Trainer des Jahres 2015 gewählt worden war. Siegessicher waren er und seine Frauen vor dem Duell nämlich keineswegs: „Wir sind mit gemischten Gefühlen hierher gefahren. Wir wussten, dass für einen Sieg auf unserer Seite alles perfekt laufen muss.“ Für ihn sind Backnang und Speyer die zwei schwierigsten Gegner im Süden. Deshalb war auch er mit dem Ergebnis zufrieden. Denn mit den vielen international aktiven Kämpferinnen würde es immer schwieriger vorauszusehen, wer kämpft: „Es ist stets ein Glücksspiel. Erst wenn man in die Halle kommt, sieht man, mit wem man es zu tun hat.“
Diese Spannung scheint auch bei den Besuchern spürbar zu sein. „Wir haben heute wunderbares Judo gesehen. Es war richtig spannend,“ urteilten Zuschauer, die im Stab der TSG ein altbekanntes Gesicht entdeckten: Michaela Baschin. Die Olympianeunte von Peking engagiert sich nach dem Karriereende nun als Betreuerin im Bundesligateam. Für das geht es bereits nächste Woche beim JC Wiesbaden um die nächsten Punkte.