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Anklage fordert lebenslänglich

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Von Bernd S. Winckler

SCHWAIKHEIM. Deutliche Worte des Staatsanwalts gestern im Stuttgarter Schwurgerichtssaal: Der 66-jährige Angeklagte sei dominant, egozentrisch, herrschsüchtig und rechthaberisch gegenüber seiner fünf Jahre jüngere Ehefrau gewesen, ehe er sie am Vormittag des 18. September letzten Jahres tötete. Der Ankläger lässt kein gutes Haar an dem ihm gegenübersitzenden Mann. Dieser habe in den letzten Ehejahren durchaus seinen eigenen Willen gegen die Ehefrau durchgesetzt, die Kinder hätten sich deshalb von ihm abgewandt, und verbaler Streit sei zuweilen auch in Tätlichkeiten gegen die Frau ausgeartet.

Dass er sie umbringen werde, habe der Mann sogar gewissermaßen angekündigt, als er Wochen zuvor niederschrieb, sie werde in dem Streit „nicht übrig bleiben“. Mehrfach habe man versucht, die Ehe zu retten. Doch im Sommer letzten Jahres wollte die Frau endgültig die Scheidung. Per Gerichtsbeschluss forderte sie ihren Mann, der bereits ein neues Heim in Mecklenburg-Vorpommern gekauft hatte, dazu auf, auszuziehen. Das jedoch, so der Ankläger, habe sein Ego getroffen. Er wollte nicht hinnehmen, dass die Frau fortan ein freies Leben führen könne und er dafür auch noch Unterhalt zahlen sollte. Daraus sei der Tötungsplan entstanden. Mit absolutem Vernichtungswillen, so der Ankläger in seinem Plädoyer, habe der kampfsporterfahrene Angeklagte an jenem Tatmorgen – „wie angekündigt“ – der Frau zuerst Faustschläge an den Kopf verpasst und sie dabei verletzt und sie danach in einen sogenannten Würgegriff genommen.

Einmal habe er den Griff gelockert, sodass die Frau noch in der Lage gewesen sei, um ihr Leben zu betteln. Dann aber habe er gesagt, es sei Zeit zu gehen, und er habe wieder zugedrückt und sie auf diese Weise erdrosselt. Eine halbe Stunde später erschien er auf dem Schwaikheimer Polizeirevier und teilte den Beamten mit: „Ich habe soeben meine Frau umgebracht – im Affekt“.

Dass es sich um eine Handlung im Affekt gehandelt habe, nimmt ihm der Staatsanwalt nicht ab, zumal bereits der psychiatrische Gutachter Dr. Peter Winckler aus Tübingen dies verneint und dem Angeklagten volle Schuldfähigkeit bescheinigt hatte. Auch dass die Frau ihn verbal provoziert und beschimpft habe, wie der Angeklagte zur Entschuldigung für seine „Entladung“ beteuerte, weist der Ankläger als Schutzbehauptung zurück. Der Angeklagte habe seiner Frau, die die endgültige Trennung vollzogen hatte, kein selbstbestimmtes Leben gegönnt. Sie sollte aus dem Ehestreit nicht als Siegerin hervorgehen, sondern sterben, beschreibt der Ankläger die Motive des Mannes und beantragte lebenslänglich. Etwas weiter ging der Nebenkläger, der die Kinder der Frau vertritt. Er geht vom zusätzlichen Mordmerkmal Grausamkeit aus, während der Verteidiger auf Totschlag pocht, der mit einer kürzeren und nicht lebenslangen Haftstrafe gesühnt werden kann. – Das Urteil wird am nächsten Dienstag verkündet.


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