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Rechts hat irgendwie Tradition

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Von Peter Wark

 

SPIEGELBERG. Am Morgen nach der Wahl. Ruhig ist es in dem idyllischen Ort, wie eigentlich immer an einem Werktagmorgen. Am Ortseingang eine überraschende Begegnung: CDU-Landtagskandidat Wilfried Klenk, in Parka und kariertem Hemd, hängt mit zwei Helfern seine Wahlplakate höchstselbst ab. Schnell dreht sich das Gespräch um den Erfolg der AfD. Dass Klenk darüber nicht glücklich ist, wundert nicht.

Eine ältere Frau ist zu Fuß in der Sulzbacher Straße unterwegs. Die Wahl? Nein, nein, dazu will sie nichts sagen. Ähnliches widerfährt dem Frager mehrfach. Also rauf nach Jux. Hier hat die AfD reiche Ernte eingefahren. Knapp 35 Prozent, mehr als jeder dritte Wähler hat sein Kreuz bei dieser Partei gemacht. Beim Juxer Friedhofsparkplatz steigt ein älteres Ehepaar aus einem 1er-BMW. Fragen zur Landtagswahl lehnen beide freundlich aber bestimmt ab. Weiter nach Nassach. Niemand ist auf der Straße unterwegs, der befragt werden könnte. Das gleiche Bild in Großhöchberg.

Wieder zurück in den Hauptort. Eine junge Frau mit Kinderwagen, süßem Kind und süßem Hund sagt: „Ich habe die AfD nicht gewählt, aber das Ergebnis in Spiegelberg überrascht mich nicht.“ Warum? Schon immer sei hier rechts gewählt worden, sagt sie.

So ähnlich formuliert das auch Ferdinand Rathgeber vom gleichnamigen Lebensmittelgeschäft. Rechts zu wählen habe so etwas wie Tradition in Spiegelberg, sagt er, während er eine Kundin bedient. Die will zum Wahlergebnis nichts sagen, ebensowenig wie zuvor zwei andere Passantinnen in unmittelbarer Nähe zu dem Einkaufsladen.

Einer, der was sagt, und das auch am Tag nach der Wahl, ist Bürgermeister Uwe Bossert. „Ich bin noch immer schwer angesäuert“, äußert er klipp und klar. Dass seine Gemeinde an diesem Montag als die in den Medien ist, in der die Rechtspopulisten weit und breit am stärksten abgesahnt haben, wurmt ihn erheblich. So ganz verstehen könne man das auch nicht.

„Ist das alles Protest?“, fragt er sich. Protest wogegen eigentlich? Die Flüchtlingsfrage werde in der Gemeinde ganz geräuschlos und souverän gehandhabt. Derzeit leben 17 syrische Flüchtlinge in der Gemeinschaftsunterkunft in der Bergstraße. Darunter seien 6 Kinder, die im örtlichen Kindergarten sind, ein älterer Junge besuche eine Förderklasse in Sulzbach an der Murr– gelebte Integration.

Uwe Bossert schaut sich an diesem Morgen unter anderem einmal mehr an der Baustelle zur Erweiterung des Feuerwehrgeländes in Nassach um. Ein Projekt, das nur zu realisieren ist, weil man reichlich Fördergelder des Landes bekommt: „Das Geld kommt nicht einfach so.“ Der Rathauschef ist ganz stolz: Aus drei Töpfen wurde dieses eine Objekt bezuschusst und so erst möglich gemacht.

Es seien Förderungen, für die sich die beiden hier verwurzelten Landtagsabgeordneten von CDU und SPD intensiv eingesetzt haben. Überhaupt sei es aller Ehren wert, wie oft die Abgeordneten Wilfried Klenk und Gernot Gruber in der Gemeinde seien, Veranstaltungen besuchten und sich über aktuelle Entwicklungen informierten. Der Vorwurf, dass sich Landespolitiker nur vor Wahlen sehen lassen, sei für beide ganz und gar nicht zutreffend.

Große Projekte in der Gemeinde

sind nur durch

Landeszuschüsse realisierbar

Uwe Bossert nennt weitere Projekte, die nur durch Landesgelder überhaupt denkbar seien. Das Engagement der Abgeordneten für den ländlichen Raum sei nicht hoch genug einzuschätzen. „Das sind Leute, die sich in Stuttgart für uns einsetzen.“ Dass so etwas bei Wahlen offenbar nicht mehr zählt, bedrückt den Schultes. Jürg Löw, Schauspieler und Synchronsprecher, der in Großhöchberg (wo die AfD auf rund 20 Prozent kam) auf dem Kulturbuckel lebt, zeigt sich erschüttert über den Erfolg der AfD. Es habe immer wieder Phasen gegeben, in denen die Rechten gekommen „und Gott sei Dank wieder gegangen sind“, sagt er. Er halte die Landtagswahl vom Sonntag nach wie vor für eine Protestwahl. „Frust ist aber immer ein schlechter Antrieb.“

            Ein „g’mähts Wiesle“ für die AfD. In Spiegelberg haben sich die Plakate gelohnt.Foto: E. Layher

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