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Mancher Mast ist für Wahlkampf tabu

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Von Armin Fechter

 

BACKNANG. Mit einem gewinnenden Lächeln blickt der Landesvater auf die Passanten. Vom selben Mast grüßt der Herausforderer, und gar nicht weit finden sich auch die Konterfeis all der anderen, die im Land etwas werden oder bleiben wollen. Das bunte Durcheinander scheint vollkommen willkürlich, als ob es keinerlei Regeln fürs Plakatieren gäbe.

Doch dem ist keineswegs so, wie die Linken dieser Tage erfahren haben: Sie müssen ein Plakat, das sie an einem Lichtmast in der Annonaystraße angebracht haben, wieder entfernen. Nach allem Ärger um beschädigte und zerstörte Plakate nun auch das noch – Stephan Kober und Reinhard Muth vom Kreisvorstand der Partei waren perplex, als sie die Aufforderung von einem städtischen Mitarbeiter erhielten.

Denn die Entfernung zwischen dem Plakat und der nächsten Ecke am Feuerwehrhaus, wo sich ein Wahllokal befindet, beträgt über 60 Meter. „Warum also soll das Plakat entfernt werden?“, fragt sich Muth und verweist auf Informationen Kobers, wonach lediglich im Umkreis von 20 Metern rund um ein Wahllokal keine Wahlwerbung stattfinden dürfe. Von der Anordnung betroffen ist auch ein Plakat der Grünen, das am selben Mast hängt.

Das Veto aus dem Rathaus hat aber nichts damit zu tun, dass die Werbetafeln innerhalb einer Bannmeile ums nächste Wahllokal hängen oder womöglich gar findigen Widersachern missfallen würden. Es hat vielmehr einen ganz einfachen technischen Grund, wie Hannes Östreich, der Pressesprecher der Stadt Backnang, erklärt: Sie sind an einem lackierten Lichtmast befestigt – und der könnte Schaden nehmen, wenn Plakatierer dort mit Werkzeug hantieren. Eine Auflage der Stadt lautet daher von vornherein: „An den lackierten Lichtmasten in der Grabenstraße, Annonaystraße und im Bereich Biegel dürfen keine Plakattafeln angebracht werden.“ Ganz anders sieht es nach den Worten des städtischen Sprechers bei Masten mit feuerverzinkter Oberfläche aus, wie sie fast überall im Stadtgebiet stehen: Sie können ohne solche Bedenken bestückt werden.

Östreich erklärt auch, an welche andere Auflagen und Bedingungen sich die Parteien halten müssen – eine durchaus ansehnliche Liste. Der Pressesprecher: „Die Parteien erhalten von uns eine Sondernutzungserlaubnis zum Aufstellen von Plakaten auf öffentlichen Flächen.“ Damit verbunden sind die Maßgaben.

So dürfen Plakate nur im genehmigten Zeitraum positioniert werden. Der reicht im Fall der Landtagswahl vom 30. Januar bis zum 14. März. Danach sind sie „unverzüglich vollständig zu entfernen“.

Für den Wahlsonntag gilt dann auch eine Tabuzone. Das Landtagswahlgesetz bestimmt, so Östreich, „dass während der Wahlzeit in und an dem Gebäude, in dem sich der Wahlraum befindet, sowie unmittelbar vor dem Zugang zu dem Gebäude jede Beeinflussung der Wähler durch Wort, Ton, Schrift oder Bild sowie jede Unterschriftensammlung verboten ist“. Sprich: Die Wähler sollen ihr Wahlrecht ausüben können, ohne unmittelbar durch Wahlwerbung behindert oder beeinflusst zu werden. „Unmittelbar vor dem Zugang“ zum Wahllokal bedeutet dabei laut Östreich, dass ein Umkreis von etwa 20 Metern um das Gebäude herum als Schutzzone gilt.

Und was passiert, wenn Plakatierer gegen die Bestimmungen verstoßen? „Plakate, die in Kreuzungsbereichen oder sonst verkehrs- und sichtbehindernd angebracht wurden, werden von der Stadt Backnang entfernt“, zitiert Östreich aus den Vorgaben. Für andere Fälle wird die Entfernung „auf Kosten des Erlaubnisinhabers“ angedroht. Gleiches gilt, wenn öffentliche Anlagen etwa beschädigt oder verschmutzt werden.

Bei Verstößen gegen die Auflagen tritt die Stadtverwaltung, wie Östreich näher erläutert, direkt mit der betreffenden Partei in Verbindung und fordert die Beseitigung ein. Dies werde in den meisten Fällen auch zeitnah umgesetzt – und falls nicht, sorge die Stadt selbst dafür. Beanstandungen gibt es aber laut Östreich selten. „Ein Dutzend Fälle“ seien im Verlauf eines Wahlkampfs in der Regel zu bereinigen, dabei handle es sich um „keine schweren Verfehlungen“ – unterm Strich „eine unaufgeregte Geschichte“.

Im Übrigen gibt es keine zahlenmäßige Beschränkung für Wahlkampfplakate. Die Parteien können plakatieren, „so viel sie Lust und Laune haben“, sagt Östreich. Das bedeutet, dass Linke und Grüne die Tafeln vom Tabumast in der Annonaystraße sogleich an anderer Stelle wieder anbringen können – so sie dafür am Mast ihrer Wahl überhaupt noch Platz finden.

            Plakate über Plakate: Wahlwerbung in der Backnanger Gartenstraße. Foto: E. Layher

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