Von Yvonne Weirauch
KIRCHBERG AN DER MURR. Kurz nachdem Bürgermeister Frank Hornek die jüngste Gemeinderatssitzung eröffnet hatte, erfolgte die erste Frage aus der Bürgerschaft: „Der Edeka-Markt soll geschlossen werden, stimmt das? Und wenn ja, wie geht es dann weiter?“ Hornek bestätigte die Schließung.
Für den Ort ein Donnerschlag, denn damit stirbt die letzte Einkaufsmöglichkeit in der Gemeinde. Ob im Gebäude ein anderer Supermarkt Einzug hält, ist derzeit noch unklar. Klar ist nur: Das Thema treibt die Bürger um. „Nach der Schließung der Metzgerei Salzmann und Brosis Drogerie jetzt der Edeka-Markt. Für Kirchberg ist das tragisch, plötzlich und eigentlich unerwartet“, sagt Stadträtin Gudrun Wilhelm (Freie Liste Kirchberg). Es sei die letzte Möglichkeit innerorts gewesen, sich mit den Dingen des täglichen Bedarfs zu versorgen. Die nächsten Einkaufsmöglichkeiten seien jetzt in Affalterbach, Backnang, Marbach und Steinheim. „Dort trifft man auch jetzt schon immer wieder Kirchberger beim Einkaufen.“ Die Gemeinde müsse alles dransetzen, dass ein Nachfolger gefunden werde.
Bürgermeister Frank Hornek war bekannt, dass der Markt schließt – allerdings war dies erst für Ende dieses Jahres angekündigt: „Dass die Schließung nun bevorsteht, ist eine relativ neue Botschaft.“ Das Gebäude gehöre einem privaten Investor, der schon seit einiger Zeit einen neuen Betreiber für den Supermarkt suche, so Hornek. „Fürchterlich“ sei die Vorstellung, wenn der Ort den Laden verliere. Denn: „Ein Einkaufsmarkt gehört zur Grundversorgung eines Ortes.“ Der Schultes weiter: „Ich möchte mir das gar nicht vorstellen, wenn es so weit kommt, dass wir hier tatsächlich keinen Markt mehr haben. Wir hätten damit ein ernsthaftes Problem.“
Im Moment liege alles eng zusammen, erst die Schließung des Drogeriemarktes, die Aufgabe des Metzgerladens und jetzt auch noch das Ende des Supermarktes. Hornek weiß um die Standortfrage, ist doch das Geschäft im Industriegebiet in Richtung Burgstall und nicht mitten im Ort gelegen. „Das Hauptproblem ist, dass wir in Kirchberg keine Durchgangsstraße mit täglich 10000 Autos haben“, so Hornek. Dann wäre so ein Edeka-Markt am idealen Platz. „Das die Umsätze hier nicht so sind, wie man es sich wünscht, ist einleuchtend.“ Die Schließung sei aber auch „betreiberbedingt“, schließlich wolle Edeka auch immer größere Märkte.
Bei den Kunden der Filiale hat es sich längst herumgesprochen, dass Erhard Mattes in Rente geht und der Markt geschlossen wird. „Wir waren froh, dass wir den Edeka am Ort haben“, sagt eine Kirchbergerin, die ihren Namen nicht in der Zeitung lesen möchte. Sie fügt hinzu: „Ich habe hier alles bekommen, was ich brauche.“
Ein älteres Ehepaar lobt den fast „familiären Umgang“ mit den Mitarbeitern. Man sei immer freundlich begrüßt worden und habe alles gefunden, was man von einem Lebensmittelmarkt erwartet. Wo das Ehepaar in gut einem Monat einkaufen soll, weiß es jetzt noch nicht.
Erhard Mattes hat das Geschäft 13 Jahre geführt und nennt ohne Umschweife einen wichtigen Grund für die Schließung: „Der Markt wirft keine Gewinne ab. Wir haben keine Umsatzrückgänge, aber sie stagnieren. Und die Kosten müssen gedeckt werden, und das ist hier nicht der Fall.“
Eigentlich sei er schon seit gut einem Jahr im Ruhestand. Aber der 66-Jährige machte dennoch weiter, weil ihm der Markt und auch die Kirchberger am Herzen liegen.
Wehmut schwingt mit, das gibt er offen zu: „Es gibt hier so viele treue Stammkunden, da war schon ein persönlicher Umgang selbstverständlich.“
Im Markt herrscht an diesem Spätnachmittag normaler Betrieb. An der Wursttheke wird 100 Gramm Lyoner verlangt, eine Frau packt zwei Tüten mit Äpfeln und einen Kopfsalat in den Einkaufswagen und ein junger Mann überlegt, ob er lieber eine Flasche Cola oder doch lieber zwei Flaschen Bier mitnehmen soll. Währenddessen ruft ein Mann: „Herr Mattes, kann ich mir eine leere Kiste nehmen?“ „Klar“, lautet die Antwort. „Nehmen Sie sich dahinten eine weg.“ Filialleiter Mattes steht gerade am Leergutautomaten. Für einen Small Talk steht er immer mal Kunden parat. „Ich kenne die Stimmen, weiß, was die Kunden für Vorlieben haben. Es ist schon ein vertrauter Umgang.“ Ganz nach dem Motto „Der Kunde ist König“ will Mattes sein Wirken verstanden wissen. Auf gut 700 Quadratmetern war ein großes Sortiment geboten. „Die größeren Märkte haben eine Fläche von etwa 14000 Quadratmetern“, fügt Mattes hinzu, um die Dimension zu verdeutlichen.
Dennoch werden in seinem Markt bis zu 13000 Artikel verkauft. „Und eine große Weinabteilung gibt es auch.“ Der Kaufmann versucht, den Trend aufzuzeigen: „Die meisten sind mobil. Viele Kirchberger machen ihren Großeinkauf auswärts, wenn sie beispielsweise auf dem Heimweg vom Geschäft sind.“ Kleinigkeiten oder „wenn man etwas vergessen hat“ hole man im Kirchberger Edeka. Mit dem Hinweis auf die geschlossenen Geschäfte innerorts und dem ungünstigen Standort des Edeka-Marktes sagt Mattes: „Der Ort stirbt langsam aus.“
Dem 66-Jährigen fällt die Schließung selbst nicht leicht: „Das übernimmt ihnen hier leider so schnell keiner. Der Laden ist zu klein. Ich hätte es mir gewünscht, dass einer kommt und den Laden vom Fleck weg so übernimmt.“
