Von Kornelius Fritz
BACKNANG. Dass im Freibad ein besonderer Tag sein muss, ist schon von Weitem zu hören: Statt Kindergeschrei dringt aufgeregtes Gebell über den Zaun. Und beim Betreten des Bades riecht es nicht wie sonst nach Sonnencreme und Pommes, sondern nach nassem Hund. Oder besser gesagt nach vielen nassen Hunden, denn die tummeln sich gleich zu Dutzenden im Wasser: kleine, große, kurzhaarige und zottelige. Ihr Schwimmstil ist nicht unbedingt elegant, aber auf der Jagd nach Tennisbällen und Frisbeescheiben kommen die Vierbeiner durchaus zügig voran. Nur das Aussteigen aus dem Becken ist ohne Hände nicht ganz einfach: Da müssen Herrchen und Frauchen mit einem kräftigen Ziehen am Halsband ab und zu nachhelfen. Geplanscht und geschwommen wird in allen Becken. Ein Sprung vom Dreimeterbrett bleibt den bellenden Badegästen allerdings verwehrt: Die Sprunganlage ist ebenso wie die Wasserrutsche gesperrt.
Martina und Markus Lauer sind mit ihrem zweijährigen Labrador Paula extra aus Stuttgart nach Backnang gekommen. „Sie schwimmt so gerne. Wenn sie irgendwo Wasser sieht, bekommen wir sie gar nicht mehr heraus“, erzählt Paulas Frauchen, während ihr Mann immer wieder einen orangefarbenen Ball ins Wasser wirft. „Labradore sind Wasserhunde. Sie werden auch in der Wasserrettung eingesetzt“, erklärt Uwe Klett, der die Rasse züchtet und gleich mit drei Tieren aus Stuttgart-Degerloch zum Hundeschwimmfest gekommen ist.
In den meisten Seen ist
Baden für Hunde verboten
Allerdings ist es nicht immer einfach, den Tieren ihr geliebtes Planschen zu ermöglichen. „Es gibt in der Region fast keine Seen, in die Hunde reindürfen“, erzählt Martina Lauer. Das Hundeschwimmen, das inzwischen etliche Freibäder zum Saisonende anbieten, ist bei den Haltern deshalb sehr beliebt. In Backnang ist es eine Premiere: Markus Heidenreich, Hundephysiotherapeut aus Esslingen, hatte die Wonnemar-Betreiber von der Idee überzeugt. „Für den Betreiber entstehen keine Zusatzkosten“, sagt er. Schließlich werde das Wasser aus den Becken vor dem Winter sowieso abgelassen. Und es sei auch nicht zu befürchten, dass die Wasserfilter mit Hundehaaren verstopft werden: „Hunde verlieren nicht mehr Haare als Menschen.“ Damit auch auf den Liegewiesen keine Hinterlassenschaften zurückbleiben, werden am Eingang Plastikbeutel an die Besucher verteilt. „Wir machen am Ende auch noch einen Kontrollgang und sammeln alles auf, damit nichts zurückbleibt“, verspricht Heidenreich.
Schwimmen können übrigens alle Hunde – im Gegensatz zu Menschen brauchen sie dafür keinen Kurs. Die Liebe zum Wasser ist allerdings auch unter den Vierbeinern sehr unterschiedlich ausgeprägt: Carolin Brauns Mischling Emmi betrachtet das Treiben der Artgenossen eher skeptisch vom Beckenrand: „Sie traut sich nur, wenn ich mit reingehe“, erzählt die Hundetrainerin aus Großbottwar. Einige Besitzer stürzen sich deshalb zusammen mit ihrem Tier in die Fluten. So wie Carmen Lancellotti aus Mittelbrüden, die mit ihren Rottweilerhunden Diego und Kira zum Hundeschwimmen gekommen ist. Kira ist erst sechs Monate alt und noch etwas zögerlich. Der Anblick der vielen schwimmenden Artgenossen motiviert sie aber schließlich doch: „Sie ist heute zum ersten Mal von sich aus ganz ins Wasser gegangen“, freut sich ihre Besitzerin.
Wie für den Menschen sei Schwimmen auch für Hunde sehr gesund, erklärt Markus Heidenreich: „Eine Viertelstunde Schwimmen ist für den Hund genauso anstrengend wie eine Stunde neben dem Fahrrad herzurennen.“ Wer sich so auspowert, hat dann auch keine Energie mehr, um sich mit seinen Artgenossen zu streiten. Größere Konflikte oder Beißereien hat es laut Heidenreich gestern jedenfalls nicht gegeben.
Viele Halter würden gerne öfter ihr Tier mit ins Freibad nehmen, was während der Badesaison aber verboten ist. Manche Tierfreunde träumen deshalb von einem eigenen Hunde-Freibad: „Das wäre eine Marktlücke“, ist Carmen Lancellotti überzeugt. Und im Gegensatz zu den zweibeinigen Badegästen seien Hunde selbst bei kühlen Temperaturen immer für ein Bad zu haben.
