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Gute Krise, schlechte Krise

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Von Matthias Nothstein

KIRCHBERG AN DER MURR. Die Nachrichten vor knapp eineinhalb Jahren klangen wenig erfreulich: Die Firma Kroll war insolvent, die Mitarbeiter bangten um ihre Arbeitsplätze.

Das alles ist Vergangenheit. Die neuen Geschäftsführer Anton Huber und Marcus Püttmer haben in der Zwischenzeit Riesiges geleistet. Die Zahl der Mitarbeiter wurde nicht nur gehalten, sondern sie wird in nächster Zeit deutlich ausgebaut. Von derzeit 130 auf über 150. Und das trotz der Krise auf dem russischen Markt, der früher 20 Prozent des Umsatzes ausmachte. Krise gleich in doppelter Hinsicht. Zum einen wegen des Embargos – Russland kauft keine deutsche Technik mehr – zum anderen wegen des Rubelverfalls. „Wir leiden unter der Entwicklung sehr“, klagt Huber und betont, dass seinem Betrieb in diesem Jahr besonders eine andere Krise aus der Patsche geholfen hat: die Asylkrise. Denn die Flüchtlinge werden oft in Gemeinschaftsunterkünften untergebracht, die ursprünglich nicht für solche Zwecke gedacht waren: Zelte, Container, große Hallen, leer stehende Fabrikgebäude.

Nun müssen all diese Unterkünfte während des teutonischen Winters beheizt werden. Und das ist eine Spezialität der Kroll’schen Warmlufterzeuger. All die mobilen Heizer, die für die Wintersaison 2015/16 vorproduziert worden sind, waren bis Oktober bereits verkauft. „Wir mussten nachproduzieren“, freut sich Huber, der weiß, dass Kroll derzeit noch auf diesem Sektor sein Geld verdient. Das ist auch gut so, denn dies war einst das Kerngeschäft des Heizungsbauers.

Trotzdem möchten die neuen Chefs nicht auf dem alten Level verharren, sondern sich weiterentwickeln. Nach der Übernahme im Juni 2014 splitteten sie die Firma in zwei Geschäftsbereiche auf. Auf der einen Seite Kroll Energy, das Urgeschäft des Kirchberger Betriebs. Auf der anderen Seite Kroll Blechtechnik, der Betriebszweig, der früher nur Beiwerk war. Heute schon arbeiten 110 Mitarbeiter in dieser Sparte. Zum Vergleich: Lediglich 20 Mitarbeiter sind für Kroll Energy tätig.

Trotzdem ist Kroll Energy nicht das Stiefkind. Im Gegenteil. Huber weiß, dass Kroll auf dem Gebiet Heizung einen guten Namen hat. Bei der Grundtechnik besteht laut Huber wenig Änderungsbedarf, dafür umso mehr beim Drumherum wie etwa der Steuerung. Das Design und die Displays müssen moderner werden, die Steuerungen über Apps möglich werden. Der Namensteil Energy legt die Firma auch nicht nur auf Heizung fest. Da gehört viel mehr zum Portfolio. So zum Beispiel das Thema LED oder Licht ganz allgemein. Huber: „Licht und Heizung – der Kundenkreis ist derselbe. Wir bieten mehrere Lösungsansätze. Nur Ölheizungen würden uns wieder viel zu sehr reduzieren in unseren Möglichkeiten.“ Im Visier hat der 49-Jährige jedoch nicht die klassische Heizung eines Einfamilienhauses, sondern eher die Kategorie darüber. Die Kroll-Kessel finden in der Regel in Industriebauten ihren Einsatz. Diese Sparte verspricht großen Erfolg, da die bekannten Hersteller daran kein Interesse haben: „Der Markt ist für die großen zu klein, für uns goldrichtig.“

Mit Huber hat Püttmer neben seinem Sohn einen alten Weggefährten zum Geschäftsführer eingesetzt. Der gebürtige Kufsteiner lernte einst Huf- und Wagenschmied, machte dann den Schlossermeister und begann im zarten Alter von 38 Jahren das Studium des Bauprojektmanagements an den Technischen Universitäten Graz und Wien.

Der Umsatz des vergangenen Jahres ist nicht wirklich aussagekräftig, „es war ja nur ein Rumpfjahr“, begründet Huber. Aber er deutet nach der überstandenen Insolvenz eine äußerst positive Entwicklung an und spricht davon, auf einem sehr guten Weg zu sein: „Wenn ich den Umsatz vergleiche mit den besten Kroll-Jahren, dann brauchen wir uns nicht zu verstecken.“

Und dabei kommt das Beste noch. In den vergangenen Monaten entstand einen Steinwurf entfernt vom Hauptsitz im Gewerbegebiet Gehrn eine neue Halle für die Herstellung von Präzisionsprodukten auf dem Gebiet Blechbearbeitung. Die neue Halle lässt jeden Firmenchef strahlen, noch dazu einen solch begeisterten Unternehmer wie Huber einer ist. Sie ist hell und schön und geräumig. Und ausgestattet mit dem Besten, was der deutsche und schweizerische Maschinenbau hergibt. So kann die normale Biegemaschine typischerweise Bleche bis drei Meter Länge verarbeiten. In der Kroll-Halle sind acht Meter möglich. Und das mit einer Präzision, die ihresgleichen sucht. Mehrere modernste Hochleistungslaser runden den Maschinenpark ab. Anfang Januar wird die Halle in Betrieb genommen, der Probebetrieb läuft bereits zu 90 Prozent. Investor Herrmann Püttmer, der Vater des Kroll-Geschäftsführers Marcus Püttmer und Chef der Riva-Gruppe, hat sehr viel Geld in die Hand genommen, um den Traditionsbetrieb aus seiner Heimatgemeinde in eine gute Neustart-Position zu bringen. Und das Engagement ist mit der jetzigen Halle, so heißt es, noch nicht ausgereizt.

Inzwischen sucht Kroll schon wieder neues Personal. Denn der Markt boomt, trotz Russland. Ob es um Fassadenbau, allgemeine Architektur oder Fahrzeugbau geht. Huber: „Die Entwicklungsmöglichkeiten sind gigantisch. Es liegt jetzt an uns, was draus zu machen.“


            Wird im Januar in Betrieb genommen: Die neue Kroll-Halle auf der anderen Straßenseite des Stammhauses im Gewerbegebiet Gehrn.Fotos: E. Layher

            Marcus Püttmer

            Anton Huber

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