Von Renate Häussermann
BACKNANG. Nein, die Stadträte haben keine Skrupel mehr, wenn es um die Besteuerung von Glücksspielgeräten, Wettbüros oder einschlägigen Lokalitäten geht. Einstimmig empfahl der Verwaltungs- und Finanzausschuss am Donnerstagabend dem Gemeinderat die Änderung der Vergnügungssteuersatzung.
Anders ausgedrückt: Der Ausschuss folgte dem Beschlussvorschlag der Verwaltung, den Spitzensteuersatz von 25 Prozent einzuführen. Mit der einstimmigen Empfehlung an den Gemeinderat dürfte einem entsprechenden Beschluss somit nichts im Wege stehen.
Vor zwei Jahren hat sich der Gemeinderat schon an den Höchststeuersatz herangetastet, indem er eine Erhöhung auf 23 Prozent beschloss. Und nun gibt’s kein Halten mehr. Dem Vernehmen nach werden auch die Städte Winnenden und Schorndorf ab 2016 den Höchstsatz einführen. Aktuell sind es in Baden-Württemberg sieben Kommunen, die diese Möglichkeit ausschöpfen.
Bisher war es nicht so, dass die Betreiber der Geldspielgeräte nach einer Steuererhöhung am Hungertuch nagen mussten. Seit 2012 liegt die Zahl der angemeldeten Geräte relativ konstant bei 200. Aktuell werden in 37 Backnanger Gaststätten und in 8 Spielhallen insgesamt 193 Geldspielgeräte betrieben. Im Oktober 2015 ging die Gerätezahl leicht zurück. Das sei aber darauf zurückzuführen, so Stadtkämmerer Siegfried Janocha, dass mehrere Gaststätten, in denen Geldspielgeräte aufgestellt waren, vorübergehend geschlossen sind.
Von der Steuererhöhung um zwei Prozent sind auch die Wettbüros betroffen, deren Anzahl jetzt von zwei auf drei gestiegen ist. Und es gibt ein Bordell. Bei den Wettbüros erhöht sich der Steuersatz je angefangenen 20 Quadratmetern Fläche und je angefangenem Kalendermonat von 100 auf nunmehr 110 Euro. Beim Bordell (O-Ton in der Satzung: „Für das gezielte Einräumen der Gelegenheit zu sexuellen Vergnügungen“) erhöht sich der Satz je Quadratmeter genutzten Raumes und je angefangenem Kalendermonat von 5 auf 7 Euro.
Mit der Einführung der Vergnügungssteuer hatten sich die Kommunen ursprünglich eine lenkende Wirkung versprochen. Will heißen: Mit der Besteuerung sollte die Zahl der Geldspielgeräte in Schach gehalten, wenn nicht gar reduziert werden. Doch da hatten sie sich gewaltig verschätzt. Die Anzahl der Geräte wuchs munter weiter.
In der Ausschusssitzung wurde darüber spekuliert, welch gewaltige Summen in Backnang verspielt werden, wenn allein 1,4 Millionen Euro an Steuern eingehen. Und OB Dr. Frank Nopper machte es noch deutlicher: „Mit 1,4 Millionen Euro sind wir weit entfernt von einer Bagatellsteuer.“
Der Höchststeuersatz sei „uns allen recht“, betonte Dr. Ute Ulfert. Doch die Sprecherin der CDU-Fraktion wusste auch, dass diese Steuer „ein zweischneidiges Schwert“ ist. Gerade darauf hob Eric Bachert (Grüne) ab. Mit dieser Steuer könne man die Geldspielsucht nicht bekämpfen, streng genommen benutze man sie von kommunaler Seite, um Geld in die Kasse zu kriegen.
Auch SPD-Fraktionsvorsitzender Heinz Franke ist sich im Klaren darüber, dass die Steuererhöhung keine „dämpfende Wirkung“ hat. „Wir verdienen Geld mit der Spielsucht.“ Gleichwohl sprach auch er sich dafür aus, „den Rahmen auszuschöpfen“. Zustimmung zur Steuererhöhung kam auch von Willy Härtner (Grüne), der ebenfalls nicht glaubt, dass dieses Vorgehen in irgendeiner Weise lenkend ist: „Wenn einer süchtig ist, ist er süchtig.“