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„Einen guten Rutsch und frohe Ostern“

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Von Reinhard Fiedler

BACKNANG. Vermutlich wähnt sich Eric Bachert als Gesellschaftskritiker. In seinen (mit gebührlichem zeitlichen Abstand verfassten) Leserbriefen nimmt er mit durchaus respektablen Formulierungskünsten dem Zeitgeist geschuldete Strömungen und wirtschaftliche und politische Entwicklungen ins Visier.

Da spielt es keine Rolle, wer von den Kritisierten welcher politischen Glaubensrichtung angehört. So kriegt auch schon mal die SPD ihr Fett weg, deren Mitglied Bachert 25 Jahre lang war und für die er einst im Gemeinderat saß. Heute hockt er wieder in diesem Gremium, allerdings als Parteiloser bei den Grünen.

Nun geht es in einem Kommunalparlament natürlich in erster Linie um Kommunalpolitik, aber ab und an kann man auch das Geschehen vor Ort für einen Ausflug ins Grundsätzliche, ins fast Philosophische nutzen. Dass Eric Bachert das kann, hat er schon mehrfach vorgeführt. In der jüngsten Sitzung am Donnerstagabend war’s mal wieder so weit.

„Ich bin ein Fan von Konzeptkunst, besonders auch, wenn sie schräg“ ist, holte der Stadtrat aus und fand es deshalb „sehr witzig“, dass bereits am Freitag, dem 6. November, die Stadt Backnang für Weihnachten dekoriert wurde. Und zwar von einer Handvoll „schlecht gelaunter Sachsen“, die unterhalb der städtischen Galerie eine Lichtinstallation montierten: Maria und Josef und Christkind samt Ochs und Esel. Es sei doch „eine feine Idee“, wenn dieses Jahr in Backnang Weihnachten so früh beginnt, spottete der Stadtrat weiter, er sei davon „total überwältigt“. Und er sei mal wieder „wirklich beeindruckt, wie wenig Gespür bei manchen Handlungen unserer Stadtverwaltung für größere Zusammenhänge vorhanden ist.“

Dann kriegte der Kritiker die Kurve zum deutschlandweiten, vielstimmigen Wehklagen „über den sogenannten Verfall der Werte. Insbesondere auch der christlichen Werte. Insbesondere auch jetzt, wo gerade so viele Muslime ins Land strömen – denen es übrigens nicht an Überzeugungen mangelt“. Auch Backnang trage zu diesem Verfall jetzt ein wenig bei.

Ob nun gewollt oder ungewollt „eine Billigfirma mit unterbezahlten Leiharbeitern“ angeheuert wurde, die im Akkord schon jetzt Weihnachtsmärkte aufbauen müsse, mit dieser Aktion hätten die Verantwortlichen in der Stadt den sogenannten weihnachtlichen Zauber „als den Konsum-Wahnsinn entlarvt, der er schon längst ist“. Schlussendlich zitierte Bachert die Backnanger Mundart-Band Wendersonn („Der Kommerz frisst die alten Helden, und der Goldesel kackt sie wieder aus“) und wünschte „in diesem Sinne guten Rutsch und frohe Ostern“.

Der OB atmete einmal kurz durch. Dann riet Dr. Frank Nopper nicht ganz so gelassen „uns allen zu mehr Gelassenheit“. Die Weihnachtsbeleuchtung sei „noch gar nicht in Funktion“ und sie habe jetzt installiert werden müssen. Grund: „Weil dieses Unternehmen schon im November die Republik beglückt.“ Außerdem sei manche Weihnachtsdekoration noch verhüllt. Nopper meinte damit jenen ganz in schwarze Folie gehüllten Engel neben dem Rathaus. So früh sei es nun auch wieder nicht, durfte Wirtschaftsförderer Dr. Ralf Binder seinen Chef unterstützen. Denn zum Weihnachtsmarkt „ist es nicht ganz so weit hin“.


            Maria, Kind in der Krippe, Josef und Esel und Ochs: Unterhalb des Stadtturms warten diese Figuren schon jetzt darauf, dass sie leuchtend in Erscheinung treten.Foto: A. Becher

            Eric Bachert.

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