Von Claudia Ackermann
BACKNANG. „Tja, es ist schon ein etwas anderer Rahmen, den wir heute gemeinsam mit Kunstbetrachtungen füllen: ein ausgeweidetes Gebäude, das 34 Jahre unsere Volkshochschule beinhaltete“, sagte Erster Bürgermeister Michael Balzer bei der Ausstellungseröffnung im ehemaligen Gymnastiksaal der VHS. Nach Umzug in die neuen Räume im Bildungshaus in der Bahnhofstraße 2 nutzt die Backnanger Künstlergruppe die Räumlichkeiten in der alten VHS, bis über eine Verwendung des Gebäudes für Wohnzwecke abschließend entschieden ist, so Balzer.
Auf die Geschichte ging Monika Eckert, Leiterin der Volkshochschule Backnang, ein. Vor fast 69 Jahren, im Dezember 1946, wurde die VHS Backnang gegründet. In den ersten Jahren befand sie sich in einem Raum der Buchdruckerei Stroh, danach im Erdgeschoss des Stadtbauamts und im Bahnhofhotel. Ab 1963 war sie im Haus Am Ölberg 10 untergebracht, gab Monika Eckert einen Rückblick. Nach 35 Jahren in verschiedenen Gebäuden zog die VHS im September 1981 in das Haus am Etzwiesenberg 11 um. Das Gebäude gehörte bis 1952 dem Kaufmann Walter Schwarz, der hier eine Hemdenfabrik betrieb. Anschließend ging das Gebäude in den Besitz der Stadt über, die es umbaute und aufstockte, um es als „Haushaltungs- und Frauenarbeitsschule“ zu nutzen, so Eckert.
Nach Umzug der VHS ins neue Bildungshaus ist ein Schwerpunktthema „Ankommen bei den neuen Nachbarn.“ Kooperationen in der neuen Kulturmeile, die sich vom Backnanger Bürgerhaus über das Bildungshaus bis zu den kulturellen Einrichtungen beim Stiftshof erstreckt, sollen geschlossen werden. Zu diesen kulturellen Einrichtungen gehört auch die Backnanger Künstlergruppe, die im Bandhaus ihr Atelier betreibt, führte Eckert aus. Das leer stehende alte VHS-Gebäude bietet nun optimale Bedingungen für eine umfangreiche Kunstausstellung. Ein Grußwort sprach Elke Vetter, Vorsitzende der Backnanger Künstlergruppe. „Wir haben Freiräume bekommen, und haben Kunstfreiräume daraus gemacht.“
Im Gymnastiksaal, wo sich zuvor eine Spiegelwand befand, sind nun Werke von elf Künstlern ausgestellt. Zudem hat jeder einen Raum zur Verfügung, um seine Arbeiten zu präsentieren. Rainer Vogt zeigt großformatige Porträts, etwa von Helmut Kohl, aber auch zahlreiche kleinformatige Porträtzeichnungen mit charakteristischen Gesichtszügen, etwa von Winfried Kretschmann oder Joseph Ratzinger. Im nächsten Raum stellt Sieghart Hummel farbenkräftige, abstrakte Farbformen und die Fotografien „Formationen in Kakao“ aus. Elke Vetter lässt über 150 Hände zum Abschied von der alten VHS und zum Willkommensgruß im neuen Bildungshaus in einer Installation winken. Für Bewegung bei den unterschiedlich gestalteten Unikaten sorgt ein Ventilator. Grafikdesign und Illustration ist das Metier von Gilbert Peckels. Wie Graffiti wirken die großflächig auf die Wände gemalten Formen.
Aus Baumaterialien des abgerissenen Backnanger Krankenhauses hat Herbert Seybold Collagen in Mischtechnik gearbeitet. Infusionsbesteck ist zwischen Schutt erkennbar. Zerdrückte Eierschalen sind das Grundmaterial für Georg Staabs abstrakte und gegenständliche Bilder. Die aufgeklebten filigranen Splitter bilden interessante Formen, die er farblich gestaltet. Barbara Kastin arbeitet bei ihren Bildern gerne mit Stoffen. Genähte Elemente sind mit gemalten und mit Fotos kombiniert. Eine besondere Aktion hat sich Ernst Keller ausgedacht. Komplett bedeckt mit kleinen Gemälden, Zeichnungen und Skizzen sind die vier Wände in einem Raum. Die Besucher werden aufgefordert, ein Blatt, das ihnen gefällt, einfach abzuhängen und mitzunehmen. Bevor die unzähligen Skizzen einfach in einem Karton verschwinden, bereiten sie so Liebhabern zu Hause eine Freude, ist die Intention des Künstlers.
Ursula Draxler wurde für ihr Werk von der John-Lennon-Wand in Prag inspiriert. Eine Mauer wurde dort von Besuchern mit Botschaften wie Trauer bemalt. Bis heute kann dort jeder seinen Beitrag leisten, und das Gesamtkunstwerk ist ständigem Wandel unterworfen. Auch an Draxlers Wandbild kann der Besucher weitermalen. Ernst Hövelborn widmet sich in der gemalten Serie mit Texten „Die Nacht der Welt“ dem Philosophen Hegel. In einer großen Montage wird außerdem über das Thema Ethik reflektiert. Mit Industrieanlagen beschäftigt sich Uli Olpp in großformatigen Zeichnungen mit strengen geometrischen Formen. Die Völklinger Hütte ist das Motiv seiner Serie. Außerdem hat er Pappdrucke mitgebracht.
Die Ausstellung im alten Backnanger VHS-Gebäude, Etzwiesenberg 11, ist noch an den Samstagen und Sonntagen 17. und 18. sowie 24. und 25. Oktober und am 31. Oktober und 1. November jeweils von 14 bis 18 Uhr zu sehen.