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„Du musst nicht immer studieren“

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Von Armin Fechter

BACKNANG. Resul-Furkan Kotan, Giuseppe LaGreca und Mehmet Aköz bilden in der Übungsfirma der Technikerschule ein Team. Sie haben es sich zur Aufgabe gemacht, einen Gurtwickler zu konstruieren und zu bauen. Wozu das?

Der 25-jährige Kotan hat in seiner früheren Firma immer wieder Lkw-Fahrer dabei beobachtet, wie sie nach dem Abladen die Spanngurte, mit denen die Ware gesichert war, mühsam von Hand wieder aufrollen. Im Schnitt benötigen sie dazu pro Spanngurt 62 Sekunden. Müssen sie zehn Bänder aufwickeln, sind sie schon über zehn Minuten beschäftigt – eine Arbeit, die man dem Lkw-Fahrer erleichtern könnte, und zugleich Zeit, die sich besser nutzen ließe. Der Welzheimer, der die Technikerschule absolviert, um in Richtung Entwicklung und Konstruktion weiterzukommen, hat sich für das Projekt mit dem Winnender Aköz und dem Schorndorfer LaGreca zusammengetan. Aus den ersten Skizzen ist inzwischen eine ausgefeilte digitale Darstellung geworden. Dieser Entwurf geht dann, wie der betreuende Lehrer Andreas Laruelle erklärt, weiter an die Elektroniker in der Gewerblichen Schule. Deren Aufgabe ist es dann, die Schaltung zu entwickeln. Im Weiteren ist vorgesehen, einen Prototypen des Gurtwicklers zu bauen.

Andere Teams in der Üfa der Technikerschule haben sich andere Geschäftsideen vorgenommen: Eine Gruppe arbeitet an einer Spätzlepressmaschine – weniger für den Privathaushalt als vielmehr für Großküchen. Andere wollen einen Smoker, einen Grill oder einen Cocktailautomaten entwickeln – alles selbstverständlich elektronisch gesteuert. Und ein Team hat sich zum Ziel gesetzt, ein Öl-Ex zu bauen, ein Gerät, das die Feuerwehr beim Beseitigen von ausgestreutem Ölbinder entlasten soll und ähnlich wie ein Rasenmäher funktioniert. Die Technikerschule peilt mit ihrer Üfa zudem an, im Kontext von Industrie 4.0 eine Fertigungsanlage für Kugelschreiber zu bauen, in der alle Produktionsschritte voll digital vernetzt sind.

Unterdessen arbeiten an diesem Freitagnachmittag die Schüler der Meisterschule an ihren Werkstücken. Unter ihnen ist Tobias Greiner. Der 29-Jährige übt seinen Beruf als Industriemechaniker seit elf Jahren aus. An der Meisterausbildung hatte er schon immer Interesse, unsicher war er sich nur in der Wahl des richtigen Zeitpunkts. Von Arbeitskollegen ist er jedoch ermuntert worden, den Schritt jetzt zu tun und seine Fertigkeiten unter Anleitung von Martin Klenk zu vertiefen. Die Firma in Winnenden unterstützt ihn dabei wohlwollend, was, wie die Verantwortlichen der Meisterschule wissen, nicht immer so der Fall ist. Tobias Greiner aber kann sich freuen: „Die Firma hält einem den Rücken frei.“ Denn auch wenn, wie er findet, der Unterricht kurzweilig gestaltet und der Stoff in verkraftbare Portionen aufgeteilt ist: Die Schüler müssen schon einiges an Energie aufbringen, um zwei Jahre lang 18 Schulstunden pro Woche abends und immer wieder an Samstagen zur Stange zu halten. Und für Klassenarbeiten muss man sich, so Greiner, „auch sonntags mal ransetzen“. Der Remshaldener lässt aber keinen Zweifel daran, dass er glaubt, sich richtig entschieden zu haben: „Ich tät’s noch mal anfangen.“

„Du musst nicht immer studieren“, lautet die Botschaft von Uli Schöller, stellvertretender Leiter der Gewerblichen Schule Backnang, im Einklang mit Rainer Bay, dem für die beiden Fachschulen zuständigen Abteilungsleiter. Ihr Ziel ist es, die mittlere Führungsebene in den Betrieben und im Handwerk zu stärken. Sorge bereitet ihnen aber der anhaltende Trend zu höheren Abschlüssen.

Die Gewerbliche Schule mit ihren zurzeit über 1600 Schülern hat deshalb zahlreiche namhafte Unternehmen als Bildungspartner gewonnen und arbeitet andererseits mit den Gemeinschaftsschulen in Aspach und Sulzbach zusammen. Die Bandbreite des Ausbildungsangebots reicht von AV dual über Berufsvorbereitung, Berufsfachschulen, klassische Berufsschule, Berufskolleg und Fachschulen bis zum Technischen Gymnasium.


            Resul-Furkan Kotan (rechts) arbeitet in der Übungsfirma der Technikerschule in Backnang in einem Team mit Giuseppe LaGreca und Mehmet Aköz zusammen. Gemeinsam haben sie sich vorgenommen, einen Gurtwickler zu konstruieren und zu bauen. Fotos: K. Mayer

            Tobias Greiner absolviert in Backnang die Meisterschule. Der gelernte Industriemechaniker will sich weiterqualifizieren, um innerhalb der Firma, die ihn auch unterstützt, voranzukommen.

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