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Dampf machen für den Intercity-Halt

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Von Kornelius Fritz

BACKNANG. Am Versailler Vertrag soll es nicht scheitern. In dem Friedensabkommen, das 1919 den Ersten Weltkrieg beendete, gab es nach Angaben des Backnanger Oberbürgermeisters Frank Nopper zwar einen Passus, dass die Murrbahn eingleisig bleiben muss. „Die Strecke wurde damals wohl als geeignet für den Transport von Kriegsgerät angesehen“, vermutet Nopper. Knapp 100 Jahre später dürfte diese Bestimmung rechtlich aber nicht mehr bindend sein. Ob und wann die Strecke zwischen Backnang und Schwäbisch Hall zweigleisig wird, steht trotzdem in den Sternen. Ebenso die Frage, ob dort künftig neben Regionalzügen Intercitys fahren, die dann auch in Backnang halten. Das hatte die Bahn 2015 selbst vorgeschlagen, ein Jahr später aber einen Rückzieher gemacht. Bei einem Runden Tisch Ende Januar hatte ein Bahn-Vertreter noch einmal deutlich gemacht, dass er eine Fernverbindung von Stuttgart über Schwäbisch Hall nach Nürnberg und weiter Richtung Berlin für unwirtschaftlich hält.

In Backnang will man diese Absage nicht so einfach hinnehmen. OB Frank Nopper und die beiden Bundestagsabgeordneten Norbert Barthle (CDU) und Christian Lange (SPD) kämpfen weiter für das Projekt. „Die Kehrtwende der Bahn hat uns alle auf die Palme gebracht“, sagte Lange gestern bei einem Ortstermin am Backnanger Bahnhof. Deshalb wolle man jetzt gemeinsam „Dampf machen“. Die Bahn argumentiere allein mit betriebswirtschaftlichen Argumenten. „Wir sehen auch die volkswirtschaftliche Bedeutung für die Region“, sagte Lange. Zur Verstärkung hatte er seinen Parteifreund Sören Bartol mitgebracht, der als stellvertretender Fraktionsvorsitzender im Bundestag auch für Verkehrsthemen zuständig ist. Bartol zeigte Verständnis für die Forderungen aus Backnang: „Ein Fernverkehrshalt ist auch ein Standortfaktor für eine Region“, sagte der SPD-Abgeordnete. Um ihn zu bekommen, müsse man aber „Druck machen und einen langen Atem haben“.

Lange und Barthle schreiben
Briefe an die Bahn

Bartol sieht durchaus Chancen für einen zweigleisigen Ausbau der Murrbahn. Dass das Projekt im neuen Bundesverkehrswegeplan nur als „potenzieller Bedarf“ geführt wird, liege nur daran, dass die Wirtschaftlichkeitsberechnungen noch nicht fertig seien. Sobald diese vorlägen, habe das Projekt gute Chancen, in den vordringlichen Bedarf hochgestuft zu werden. Unabhängig davon wollen Nopper und Lange, dass schon bald wenigstens zwei Fernzüge pro Tag über Backnang fahren. „Dann hätten wir schon mal den Fuß in der Tür“, erklärte der OB. Die Chancen für den Gleisausbau und weitere Fernzüge würden dadurch aus seiner Sicht steigen.

In einem Brief an Utz-Hellmuth Felcht, den Aufsichtsratsvorsitzenden der Deutschen Bahn, wirbt Lange für dieses Modellprojekt. Der CDU-Bundestagsabgeordnete Norbert Barthle will mit demselben Anliegen an den Bahn-Vorstand schreiben. „Wir können aber nur höflich darum bitten, anweisen können wir die Bahn nicht“, erklärte Barthle, der zugleich Parlamentarischer Staatssekretär im Bundesverkehrsministerium ist.

Barthle sieht allerdings auch die Risiken, die Fernzüge auf einer eingleisigen Strecke mit sich bringen: „Man müsste die Strecke für die Fernzüge freihalten, das wäre zum Nachteil des Regionalverkehrs“, erklärt der CDU-Abgeordnete. Diese Sorge hat auch Gernot Gruber: „Verbesserungen im Fernverkehr sind wünschenswert, aber das drängendste Problem sind die Verspätungen und Zugausfälle bei den Regionalzügen“, sagt der SPD-Landtagsabgeordnete.

Ein zweigleisiger Ausbau der kompletten Murrbahn würde nach seinen Informationen rund 180 Millionen Euro kosten. Für deutlich weniger Geld könnte man zumindest weitere Bahnhöfe auf der Strecke kreuzungsfrei ausbauen, sodass dort Züge einander überholen können. „Das wäre ein erster Schritt und würde auch schon eine Verbesserung bringen“, glaubt Gernot Gruber.


            Große Koalition für den Intercity-Halt: Oberbürgermeister und CDU-Mitglied Frank Nopper (links) mit den SPD-Bundestagsabgeordneten Christian Lange (Mitte) und Sören Bartol beim Ortstermin im Backnanger Bahnhof.Foto: A. Becher

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