Von Matthias Nothstein
BACKNANG. Auf dem Höhepunkt der Flüchtlingswelle wurden etliche Gebäude als Gemeinschaftsunterkünfte zweckentfremdet. Gleich zweimal zum Beispiel die Sporthalle neben dem Backnanger Berufsschulzentrum, aber auch die Sporthalle neben der Conrad-Weiser-Schule in Großaspach oder der ehemalige Penny-Markt in Allmersbach im Tal. Zudem wurden in Kirchberg an der Murr Geflohene in einem großen Zelt untergebracht, eine Premiere im Rems-Murr-Kreis.
Zu jener Zeit hatten die Verantwortlichen im Landratsamt – der Kreis ist zuständig für die Gemeinschaftsunterkünfte – händeringend Unterbringungsmöglichkeiten gesucht. So ergab es sich, dass neben der mit Flüchtlingen belegten Sporthalle am Berufsschulzentrum Backnang zusätzlich ein Zelt aufgestellt wurde. Jetzt kam die frohe Kunde aus dem Landratsamt: Das Zelt wird nicht mehr gebraucht, nicht einmal als Notreserve. Der Mietvertrag mit dem Zeltverleih wurde daher auf Ende Februar gekündigt. Bis zum Monatsende wird das Zelt abgebaut, bestätigte nun Martina Nicklaus, die Pressesprecherin des Landratsamtes.
Die Nachricht sorgte im Berufsschulzentrum für Erleichterung. Zwar gibt es aktuell keine Beeinträchtigung, da derzeit aufgrund der Witterung kein Sport im Freien möglich ist. Wäre das Zelt jedoch auch im Frühjahr stehen geblieben, so hätte es sehr wohl Einschränkungen gegeben. Eberhard Bauer, der stellvertretende Schulleiter der Eduard-Breuninger-Schule Backnang, weist darauf hin, dass „unser Sportplatz ohnehin viel kleiner als ein üblicher Platz“ ist, erst recht kleiner als ein reguläres Fußballfeld. Bauer erklärt: „Durch das Zelt und die aufgestellten Container geht weitere Sportfläche verloren. Speerwurf- und Schleuderballübungen sind nicht möglich und Fußball oder andere Spiele können nur sehr eingeschränkt gespielt werden.“ Überhaupt nicht möglich sind Sprintübungen oder Läufe, da die Container auf der Laufbahn stehen.
Mit dem Abbau des Zeltes ist aber nicht alles auf einen Schlag gut. Bauer rechnet während des Abbaus des Zeltes und des Ausbaus der Betoneinbauten „mit erheblichen Behinderungen“. Aus diesem Grund ist Bauer zufolge „die Durchführung des Sportabiturs im Mai auf unserem Sportplatz nicht möglich“.
Backnangs Oberbürgermeister Frank Nopper hält es ebenfalls für richtig, das Zelt nun abzubauen, „trotz aller Unwägbarkeiten, die es immer noch geben kann“. Die Anschlussunterbringung, die nötig ist, wenn Flüchtlinge Asyl erhalten haben, ist eine dauerhafte Geschichte. Nopper: „Das geht über Monate, vielleicht sogar Jahre. Dafür ist ein Zelt nicht geeignet.“
Dass überhaupt ein Zelt aufgebaut worden war, hatte einen besonderen Hintergrund. Die Gesamtlage hatte auf dem Höhepunkt der Flüchtlingswelle eine langfristige Planung unmöglich gemacht. Aus diesem Grund hatte sich der Kreis für die Zeltvariante entschieden. Sie war im Vergleich zu anderen Möglichkeiten günstig und flexibel. Denn eines stand an oberster Stelle: Es sollten auf keinen Fall weitere Turnhallen belegt werden.
Als in den Monaten danach die Zahl der neu ankommenden Flüchtlinge zurückging, richtete der Kreis den Fokus auf den kontrollierten Abbau von Plätzen. Sprich: Alle Unterkünfte, die nicht mehr benötigt wurden, hat der Landkreis aufgegeben. So konnten zuletzt bis auf eine Ausnahme alle Notunterkünfte geräumt werden – einzig die Espachhalle in Urbach ist derzeit noch mit 36 Geflohenen belegt. Zudem arbeiten die Mitarbeiter des Landratsamtes konsequent am Abbau der Plätze sowie an einer Optimierung des Übergangs in die Anschlussunterbringung. Immerhin leben derzeit noch immer rund 4300 Flüchtlinge in den Gemeinschaftsunterkünften des Kreises.
Mit dem vergleichsweise günstigen und flexiblen Zelt in Backnang in der Reserve konnte das Landratsamt auch die Zeit überbrücken, um Flächen für Kärcher-Futuretech-Anlagen zu gewinnen. So geschehen zum Beispiel in Leutenbach.
