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Hospiz-Neubau kann im Sommer starten

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Von Kornelius Fritz

BACKNANG. Heinz Franke redet nicht drum herum: „Ich war stinksauer“, sagt der geschäftsführende Vorstand der Hospizstiftung, wenn er an den Rückzieher der Alexander-von-Württemberg-Stiftung zurückdenkt. Der Deal schien eigentlich schon in trockenen Tüchern: Eberhard Herzog von Württemberg wollte mit seiner Stiftung das bisherige Hospiz-Gebäude im Krankenhausweg kaufen, um dort eine Pflegeeinrichtung für Kinder und Jugendliche einzurichten, die dauerhaft beatmet werden müssen. Den Erlös aus dem Verkauf hatte die Hospizstiftung für die Finanzierung des Neubaus auf der gegenüberliegenden Straßenseite bereits fest eingeplant.

Doch im vergangenen Frühjahr zog der adelige Investor seine Finanzierungszusage überraschend zurück. Offenbar hatte er die finanziellen Möglichkeiten seiner Stiftung überschätzt. Für Franke und seine Mitstreiter war das ein herber Rückschlag: „Wir mussten wieder bei null anfangen.“ An ihren Plänen hielten sie trotzdem fest, nun ist klar: Das neue Hospiz kann gebaut werden.

Als Käufer springt nämlich die Kreisbaugruppe in die Bresche. „Die Palliativversorgung ist auch für den Landkreis ein wichtiges Thema. Wir wollten die Hospizstiftung deshalb bei ihren Plänen unterstützen“, sagt Geschäftsführer Dirk Braune. Die Kreisbau will das bisherige Hospiz an das Rote Kreuz vermieten, das Gebäude wird künftig voraussichtlich als Wohnheim genutzt. Der Verkauf an die Immobilien-Tochter des Landkreises war auch deshalb naheliegend, weil Grundstück und Gebäude bereits dem Kreis gehören. Dieser hatte das Haus, in dem früher Krankenhausmitarbeiter wohnten, der Hospizstiftung vor 15 Jahren in Erbpacht überlassen. Diese steckte rund 900000 Euro in den Umbau des Gebäudes. Einen Teil dieser Investitionen erhält sie nun vom Käufer zurück.

Keine Chance für Pflegeheim
und Hospiz unter einem Dach

Damit ist die Finanzierung des neuen Hospizes gesichert, auch wenn es ein Kraftakt wird, die geschätzten drei Millionen Euro für den Neubau zusammenzubekommen. Neben dem Verkaufserlös setzt die Stiftung dafür ihre Rücklagen ein, die zum Teil aus Nachlässen stammen. Darüber hinaus hofft Heinz Franke auf Spender: Für das jetzige Hospiz waren seinerzeit 900000 Euro gespendet worden, diesmal sollen es wenigstens 500000 Euro sein. Auch bei der Stadt Backnang will der SPD-Stadtrat einen Zuschuss beantragen. Was am Ende noch fehlt, soll über Kredite finanziert werden. Für den Spatenstich peilt Franke jetzt den Frühsommer an. Er rechnet mit 15 bis 18 Monaten Bauzeit, sodass das Hospiz, wenn es gut läuft, im Herbst 2018 umziehen kann.

Für das einzige stationäre Hospiz im Rems-Murr-Kreis bedeutet der Umzug in den Neubau einen Quantensprung. Mit einer Nutzfläche von 1100 Quadratmetern wird das neue Gebäude mehr als doppelt so groß sein wie das bisherige Hospiz. Statt acht können künftig zwölf todkranke Patienten auf ihrem letzten Lebensabschnitt begleitet werden. Dies sei auch nötig, sagt Franke, denn mit der Zahl der allein lebenden Menschen steige der Bedarf an Hospizplätzen. Gleichzeitig bietet der Neubau die Chance, stationäre und ambulante Hospizarbeit unter einem Dach zusammenzuführen. Die ambulanten Hospizdienste für Kinder und Erwachsene, die bislang in gemieteten Räumen in der Spinnerei 44 untergebracht sind, werden ebenso in den Neubau einziehen wie der Verein Spezialisierte ambulante Palliativversorgung im Rems-Murr-Kreis (SAPV).

Zerschlagen haben sich dagegen die Pläne, ein kleines Pflegeheim mit zehn Plätzen an das Hospiz anzugliedern. Die Stiftung wollte dort Patienten versorgen, die schwerst pflegebedürftig, aber noch kein Fall fürs Hospiz sind. Bei einer Verschlechterung des Zustands hätten diese dann nicht noch einmal verlegt werden müssen. Doch die Krankenkassen als Kostenträger lehnten den Vorschlag ab. „Wir hätten die Bereiche komplett voneinander trennen müssen, angefangen beim Personal bis hin zu getrennten Eingängen“, berichtet Franke. Das kam für ihn nicht infrage: „Wenn wir keine Synergien nutzen können, ist es für uns wirtschaftlich nicht möglich.“ So musste der Architekt die Pläne noch einmal ändern. Eine Hintertür hat man sich aber offen gelassen: Auf den dreistöckigen Flachdachbau kann noch ein weiteres Stockwerk aufgesetzt werden. Sollten sich die rechtlichen Rahmenbedingungen ändern, könnte die integrierte Pflegeeinheit vielleicht wieder ein Thema werden.

Jetzt freut sich Heinz Franke aber erst einmal auf das neue Hospiz. Profitieren sollen natürlich vor allem die Patienten, die im Hospiz Gäste genannt werden. Sie erwarten in dem Neubau größere Zimmer, teils mit eigener Terrasse, ein schön gestalteter Garten und eine behagliche Wohnküche. Aber auch die Arbeitsbedingungen für das Personal sollen besser werden. Dass das Hospiz am neuen Standort auch in der Öffentlichkeit stärker wahrgenommen werden dürfte als am bisherigen Platz mitten im Wohngebiet ist laut Franke gewünscht: „Es ist unser Ziel, das Thema Sterben und Tod stärker in die Gesellschaft zu tragen.“


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