Von Ingrid Knack
ALLMERSBACH IM TAL. Forstrevierleiter Reiner Brujmann hatte das Thema bei der Vorstellung des Forstbetriebsplans für das Fortwirtschaftsjahr 2017 angesprochen. Beim OLG Düsseldorf wurde zwischenzeitlich der ursprünglich für Mitte Dezember angesetzte nächste Verhandlungstermin im Gerichtsverfahren des Landes gegen das Bundeskartellamt auf den 11. Januar 2017 verschoben.
Das Bundeskartellamt möchte eine klare strukturelle Trennung der Bewirtschaftung des Staatswaldes auf der einen Seite und der Bewirtschaftung des Körperschafts- und des Privatwaldes auf der anderen Seite. Staatlichen Förstern soll es demnach nicht mehr erlaubt sein, die kommunalen und privaten Besitzer von Waldflächen, die in ihren Revieren liegenden, fachlich umfassend zu betreuen.
Das Land verkaufe 60 Prozent des in Baden-Württemberg anfallenden Rundholzes, so Brujmann. Dieses stammt nicht nur aus dem Staatswald, sondern auch aus kommunalen und privaten Wäldern. In der Privatwirtschaft spräche man bei einer solchen Konstruktion von einem Vertriebskartell, moniert das Bundeskartellamt. Die Sägewerksbesitzer stünden bei dem bisherigen Verfahren einer zu hohen Marktmacht gegenüber. Was gegen deutsches und europäisches Kartellrecht verstoße. Wenn es ein Sägewerksbesitzer dagegen mit mehr Anbietern zu tun habe, könne er besser über die Preise verhandeln. Losgetreten hatte das Verfahren die Sägeindustrie – im Jahr 2002. Um die Rechtsposition des Landes zu verbessern, ordnete das Ministerium für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz 2015 an, die Holzverkaufsstellen zu trennen, wie Kreisforstamtsleiter Martin Röhrs auf Anfrage erläuterte. Dafür gibt es in Baden-Württemberg in fast jedem Landkreis unterschiedliche Ansätze.
Im Rems-Murr-Kreis ist laut Brujmann eine räumliche Trennung zwischen den einzelnen Holzverkaufsbüros vollzogen. Die Holzverkaufsstelle für die privaten Waldbesitzer und für die Kommunen ist im Gebäude des Landratsamts in Backnang untergebracht. Der Verkauf des Holzes von ForstBW ist nach wie vor in der ehemaligen Kaess-Villa in der Erbstetter Straße zu finden. Im Wald erfasst Brujmann mit einem mobilen Datenerfassungsgerät das Holz und versieht es mit einer Waldbesitzernummer. Anhand dieser Nummer werden die Holzlisten ausgewertet und der jeweiligen Verkaufsstelle zugestellt.
Verunsicherung
auf unterschiedlichen Ebenen
Brujmann ist seit 1. Januar 2005 kommunaler Beamter des Landratsamts. Der Forstrevierleiter: „Die Verwaltungsstrukturreform von Erwin Teufel hat dieses Konstrukt bewirkt. Ich betreue in dieser Funktion den Wald von ForstBW, der Gemeinden Allmersbach und Althütte sowie der Stadt Backnang. Zu den Aufgaben der unteren Forstbehörde gehören die Bewirtschaftung und Verwaltung des Staats- und Kommunalwaldes, die Beratung, Betreuung und die Förderung des Privatwaldes. Für die Kommunen und Privatwaldbesitzer ist es aber auch möglich, eigene Förster einzustellen.“
„An der Weiterentwicklung der Forstverwaltung führt langfristig nichts vorbei“, zeigt sich Röhrs pragmatisch. Das traditionsreiche Einheitsforstamt in Baden-Württemberg bringe zwar durchaus Synergieeffekte mit sich: Die Revierförster sind nicht nur für den Staatswald zuständig, sondern auch Ansprechpartner etwa für Landwirte und Bürgermeister. Auf der anderen Seite haben manche Waldbesitzer eigene Forstverwaltungen aufgebaut. So beispielsweise der Herzog von Württemberg, der große Waldflächen in Allmersbach im Tal besitzt. Auch einzelne Kommunen haben die Forstverwaltung selbst in die Hand genommen. Röhrs nennt Albstadt und Buchen im Odenwald. Sein Kommentar: „Das ist ein Erosionsprozess, der nicht glücklich ist.“
Röhrs favorisiert einen Staatsforstbetrieb und getrennt davon eine Forstorganisation für den Privat- und Kommunalwald unter dem Dach der Landratsämter. Als richtigen Weg bezeichnet er die im Koalitionsvertrag angekündigte Überführung des Staatsforsts in eine leistungsfähige Anstalt des öffentlichen Rechts (AöR). Angesichts des derzeit laufenden Verfahrens in Düsseldorf sagt er: „Darum muss es der Auftrag an alle Entscheidungsträger sein, für den Kommunal- und Privatwald die bestmögliche Lösung herauszuholen. Die 14 Jahre, die es nun hin- und hergeht, sind unsäglich für alle Beteiligten.“ Röhrs spricht auch die seit Jahren bestehende Verunsicherung bei den Mitarbeitern im Forstbereich an. „Ich würde lieber die Ärmel hochkrempeln, als immer nur warten zu müssen.“ Was das Gerichtsurteil anbetrifft, glaubt Röhrs: Schon beim Termin am 4. Mai 2016 sei das OLG Düsseldorf weitestgehend der Rechtsauffassung des Bundeskartellamts gefolgt. Daran werde sich wohl kaum etwas ändern.
Am Donnerstag wurde übrigens ein neues Kapitel in der langen Geschichte im Ringen um eine zukunftsfähige Forstorganisation geschrieben: Wie der CDU-Bundestagsabgeordnete Norbert Barthle für den Wahlkreis Backnang/Schwäbisch Gmünd gestern wissen ließ, dürfen die Forstämter in Baden-Württemberg auch in Zukunft Forstdienstleistungen für private Waldbesitzer und Kommunen erbringen. Der Bundestag beschloss eine entsprechende Änderung des Bundeswaldgesetzes. Wegen des Kartellverfahrens habe die Sorge bestanden, „dass Forstämter ihr Dienstleistungsangebot aufgeben mussten. Mit der Änderung des Bundeswaldgesetzes wird klargestellt, dass bestimmte Forstdienstleistungen nicht dem Kartellrecht unterliegen und weiterhin von den Forstämtern angeboten werden dürfen – beispielsweise Holzauszeichnen, Waldbau und Holzernte“.
