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Schöntale kämpfen gegen den Verfall

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Von Kornelius Fritz

BACKNANG. Hermann Wahl erinnert sich gut an seine Kindheit: „Damals gab es hier vor jedem Haus einen Misthaufen und Tiere“, erzählt der Teilortsanwalt für Oberschöntal. Heute gibt es in „Schentel“, wie die Einheimischen sagen, nur noch vier aktive Landwirte. „Einer nach dem anderen hat zugemacht“, sagt Michael Trefz, der die Bewohner von Unterschöntal vertritt. Wenn er heute durch den Ort geht, sieht er viele leer stehende Häuser und Scheunen. Nach dem Tod der alten Bauern wissen die Erben mit den Höfen oft nichts anzufangen und lassen sie verfallen. Beim Rundgang durchs Dorf sind die Folgen offensichtlich: An den Fassaden bröckelt der Putz, viele Häuser sind baufällig. Dazwischen gibt es aber auch einige schön sanierte Fachwerkhäuser, die belegen, was man aus den alten Gebäuden machen könnte.

Die Stadt Backnang will die Entwicklung in den Schöntalen nun anschieben und hat beantragt, die drei Teilorte, in denen insgesamt etwa 430 Menschen leben, in das Entwicklungsprogramm Ländlicher Raum (ELR) aufzunehmen. Wird der Antrag bewilligt, gibt es für private und öffentliche Investitionen Zuschüsse vom Land. „Wir wollen die Schöntale als attraktiven Wohn- und Lebensort erhalten“, sagt der Leiter des Backnanger Stadtplanungsamtes, Stefan Setzer, der früher selbst in Oberschöntal gewohnt hat. Wichtig ist ihm, dass der dörfliche Charakter dabei erhalten bleibt: „Wir wollen keine Fertighäuser in die freie Landschaft bauen.“ Dass das Leben in der ländlichen Idylle einen besonderen Reiz hat, kann Andreas Zink, Teilortsanwalt für Mittelschöntal, bestätigen: „Hier draußen hat man seine Ruhe und ist trotzdem in fünf Minuten in der Stadt.“ Außerdem sei der Zusammenhalt unter den Dorfbewohnern noch sehr viel stärker ausgeprägt als in der Stadt.

„Der Erfolg des Programms steht und fällt mit der Motivation der
privaten Grundstückseigentümer“

Stefan Setzer,

Leiter des Stadtplanungsamtes

Dass sich mit dem ELR-Programm einiges bewegen lässt, kann man in vielen Orten in der Region sehen, etwa in Großerlach oder in Spiegelberg. Auch Backnang war mit dem Stadtteil Heiningen schon dabei. Dort wurde mit Landeszuschüssen die Ortsmitte neu gestaltet, allerdings gab es in Heiningen nur wenige private Hausbesitzer, die bereit waren, in ihre Immobilie zu investieren. In den Schöntalen hofft Stefan Setzer nun auf eine bessere Resonanz, denn für ihn ist klar: „Die Stadt alleine kann es nicht richten. Der Erfolg des Programms steht und fällt mit der Motivation der privaten Grundstückseigentümer.“

Was alles möglich wäre, zeigt ein Ortsentwicklungskonzept, das vom Stadtplanungsbüro Wick und Partner aus Stuttgart im Auftrag der Stadt erarbeitet wurde. Darin stellen die Architekten dar, wie aus verfallenen Scheunen schmucke Wohnhäuser werden können und veranschaulichen dies mit Fotos aus Waiblingen, Calw oder Blaubeuren.

Ob in den Schöntalen Ähnliches entsteht, ist aber offen: „Wir können die Eigentümer natürlich nicht dazu zwingen“, sagt Stefan Setzer. Das Geld vom Land kann zwar ein Anreiz sein, allerdings liegt der Zuschuss in der Regel nur bei 30 Prozent und ist außerdem gedeckelt. So gebe es etwa für die Sanierung eines Einfamilienhauses maximal 20000 Euro, weiß Michael Trefz: „Da ist der Anreiz nicht besonders hoch.“

Die Teilortsanwälte erwarten vom ELR-Programm deshalb keine Wunder: „Wir dürfen nicht glauben, dass Schöntal anschließend in einem völlig neuen Licht erstrahlt“, sagt Andreas Zink. Aber auch kleine Verbesserungen täten dem Ort gut. „Wichtig ist, dass für die Gemeinschaft etwas dabei rauskommt“, sagt Michael Trefz. Er fände es zum Beispiel gut, wenn die Stadt das Alte Schulhaus in Unterschöntal sanieren und dort einen Gemeinschaftsraum für die Dorfbewohner einrichten würde. Auch viele Straßen im Ort seien sanierungsbedürftig, ergänzt Andreas Zink: „Mancher Radweg in Backnang ist in besserem Zustand.“

Ob die Schöntale in das ELR-Programm aufgenommen werden, soll sich im Frühjahr entscheiden. Es ist schon der zweite Anlauf, denn in diesem Jahr war das Programm überzeichnet und Backnang ging leer aus. Eine erneute Absage sei nicht ausgeschlossen, sagt Stefan Setzer, aber er will nicht locker lassen: „In Heiningen mussten wir uns dreimal bewerben, bis es geklappt hat.“


            Die Teilortsanwälte Andreas Zink, Hermann Wahl und Michael Trefz (von links) begutachten die Pläne der Experten. Sie hoffen, dass die Schöntale von dem Sanierungsprogramm profitieren, ohne dass der dörfliche Charakter dabei verloren geht.

            Löcher im Dach und bröckelnder Putz an den Wänden: In den Schöntalen sind viele Gebäude in einem schlechten Zustand.Fotos: E. Layher

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