Von Peter Wark
BACKNANG. Mit Schrecken erinnern sich nicht nur direkte Anwohner an jenen 13. Januar 2011, als die Innenstadt innerhalb weniger Stunden regelrecht abgesoffen war und gewaltige materielle Schäden entstanden waren.
„Die Innenstadt hat das größte Schadenspotenzial“, sagt der städtische Bauamtsleiter Hans Bruss zu den Hochwasserrisiken. So etwas soll nie wieder passieren. Daher wird in mehr als dreijähriger Bauzeit baulich vieles verändert, um die Innenstadt gegen ein hundertjährliches Hochwasser zu wappnen. Vier Hochwasserpumpwerke entstehen, Mauern werden erhöht beziehungsweise erneuert, Dämme errichtet. Die Arbeiten sind in drei geografische Abschnitte eingeteilt: 1. Sportplatz Etzwiesen bis Brücke Etzwiesenstraße; 2. Innenstadt von Tesat-Spacecom bis zur Sulzbacher Brücke; 3. Obere Walke bis Zufahrt Freibad und Weißachmündung bis Spinnerei.
Im Bereich Kaltes Wasser/Tesat ging es vor einem halben Jahr mit dem symbolischen Spatenstich für die Arbeiten los. Hier werden die Schutzmauern an der Gerberstraße derzeit erhöht und teilweise erneuert. Eine neue Mauer steht bereits, die Ertüchtigung bestehender Mauern ist abhängig von der Witterung für die kommenden Tage geplant. Bereits im Bau befindet sich am Kalten Wasser seit einiger Zeit eines der vier Hochwasserpumpwerke. Später ist der Eduard-Breuninger-Steg („Tesat-Steg“) dran. Er wird neu gebaut und mit einer provisorischen Rampe versehen, bis die Aspacher Brücke wieder befahrbar ist. Diese Arbeiten sollen im Herbst kommenden Jahres abgeschlossen sein.
Aspacher Brücke wird durch
ein neues Bauwerk ersetzt
Apropos Aspacher Brücke: Sie stellt ein Kernstück des Konzeptes dar. Sie wird bis auf die Widerlager abgerissen und durch ein neues Bauwerk („eine filigrane Stahlkonstruktion“, sagt Bruss) ersetzt, das 50 Zentimeter höher liegt als die bisherige Brücke.
Das wiederum macht eine ganze Menge von begleitenden Straßenbauarbeiten (und Straßensperrungen) notwendig. Die Erneuerung der bestehenden Brücke ist ab kommenden Oktober geplant.
Die Freigabe dieser rund eine Million teuren neuen Brücke wird der ganz eigenen Backnanger Zeitrechnung angepasst: zum Straßenfest 2018 kann der Verkehr vorübergehend über die neue Brücke rollen, so der Plan. Doch danach ist erst mal wieder Schluss damit, denn dann startet der Umbau des Kreisverkehrs Aspacher Straße/Gerberstraße/Talstraße. Der Kreisel muss höhenmäßig an die neue Brücke angepasst werden. Rund 900000 Euro werden diese Straßenbauarbeiten kosten.
Übrigens soll es an der neuen Aspacher Brücke dann einen Treppenabgang geben und man will das Murrufer in diesem Bereich erlebbar machen. Stufen sollen ähnlich wie an der Bleichwiese zum Sitzen und Verweilen einladen. Überhaupt will die Stadtverwaltung das Notwendige (Hochwasserschutz) mit dem Angenehmen (Stadtbildattraktivierung) verbinden.
Der nächste Teilabschnitt wird sich mit dem Bereich zwischen Aspacher und Sulzbacher Brücke befassen. In der Talstraße werden die Vorbereitungen für die Installation von sogenannten Dammbalken anlaufen. Das sind Abschottungselemente aus Alu mit Lippendichtung, die im Fall eines drohenden Hochwassers von Feuerwehr und THW eingesetzt werden können. Solche Dammbalken sind auch an weiteren überflutungsgefährdeten Stellen in der Stadt vorgesehen. Ein gewisses Maß an Pflege und Wartung ist für diese Elemente notwendig und die Einsatzkräfte werden den Umgang mit den Dammbalken üben müssen. Derzeit laufen die Ausschreibungen für diesen nächsten Bauabschnitt von Aspacher bis Sulzbacher Brücke, der im kommenden Frühjahr in Angriff genommen wird.
Im Bereich Obere Walke wird unter anderem der aus den 30er-Jahren stammende Steg beim Discounter Aldi saniert und höhergesetzt. Der Uferweg wurde bereits bis zum Freibad als Hochwasserschutzwall gestaltet.
Zum Ende der innerstädtischen Hochwasserschutzmaßnahmen werden im Bereich Fabrikstraße/Theodor-Körner-Straße, Wilhelmstraße begleitende Maßnahmen ausgeführt. Auf Höhe der Gerberei Räuchle wird die Mauer etwas erhöht, in der Theodor-Körner-Straße wird ein neues Stück Hochwassermauer entstehen und die Fahrbahn etwas höhergelegt. Begleitend dazu werden Entwässerungsmaßnahmen vorgenommen. Hochwasserschutz ist teuer. Die Kosten für die innerörtlichen Maßnahmen sind auf 11,1 Millionen Euro veranschlagt. 70 Prozent der förderfähigen Kosten übernimmt das Land. Neben den innerörtlichen Maßnahmen beinhaltet das Hochwasserschutzkonzept des Wasserverbandes Murr weitere zweistellige Millionenkosten für den Bau von fünf Rückhaltebecken: Oppenweiler, Mahd und Gaab (beide auf Murrhardter Markung), Fischbach und Haselbach (Gemarkung Sulzbach). Die Kommunen Backnang, Oppenweiler, Sulzbach an der Murr und Murrhardt hatten sich vor knapp zehn Jahren zum Wasserverband Murrtal zusammengeschlossen, um die Schutzmaßnahmen im oberen Murrtal gemeinsam anzugehen.
Befürchtungen, dass der Schutz der Backnanger Innenstadt andernorts zu umso größeren Hochwasserprobleme führen könnte, wurden anfangs unter anderem bei den Unterliegern in Burgstetten und Kirchberg an der Murr laut.
„Es kommen keine neuen
Betroffenheiten dazu“
Hier versucht Stadtbauamtschef Hans Bruss zu beruhigen. Berechnungen und Untersuchungen hätten nachgewiesen, „dass keine neuen Betroffenheiten dazukommen.“ Auch Burgstettens Bürgermeisterin Irmtraud Wiedersatz sieht die Sache inzwischen entspannt. Wenn die Rückhaltebecken am oberen Murrlauf gebaut sind und der Backnanger Hochwasserschutz fertig ist, dann bringe das auch für ihre Gemeinde eine deutliche Entspannung beim Überflutungsrisiko.
Nach dem Hochwasserschutz ist vor dem Hochwasserschutz. Auch in den Stadtteilen soll der Schutz verbessert werden. Hans Bruss und Jörg Kemmler, der bei der Stadt die Oberbauleitung für den innerstädtischen Hochwasserschutz innehat, blicken schon mal auf die Zeit nach 2019 voraus. In Strümpfelbach befindet man sich noch in Grundstücksverhandlungen. Kommendes Jahr soll die Planfeststellung für die Beckenprojekte Brunnenwiesen und Seehau anlaufen. In Steinbach ist in den nächsten Jahren eine Flussgebietsuntersuchung geplant. Dann die südlichen Stadtteile: „Da muss man was tun“, sagt Hans Bruss. Vor allem bei Starkregen gibt es bisher immer wieder Probleme.


