Von Bernd S. Winckler
BACKNANG. Begonnen habe die Vergewaltigungsnacht mit mindestens acht Schlägen, sagte die Staatsanwältin gestern vor der 19. Großen Strafkammer. Dann sei die Drohung „Kopf ab!“ gefolgt. Offenbar wollte der Angeklagte von der Ex-Freundin, mit der er damals in Backnang zusammenwohnte, wissen, mit wem sie nun zusammen sei. Dann, so die Anklage, sollen weitere Schläge und „schmerzhafte“ Vergewaltigungen gefolgt sein. Mehrmals habe die 19-Jährige den Mann gebeten, abzulassen. Sie habe ihm auch von den Schmerzen berichtet, die der Angeklagte aber ignoriert habe.
Der 40-Jährige selbst berichtet, er habe nach einer gescheiterten Ehe mit vier Kindern die 19-Jährige im Januar 2015 in Backnang kennengelernt. Die Richter der Kammer erinnerten ihn daran, dass der Altersunterschied zu seiner ehemaligen Freundin 21 Jahre beträgt. Der Angeklagte nickte und sagte, es habe sich um eine sexuelle Beziehung gehandelt, bei der aber die Freundin untreu geworden sei. Man habe sich gestritten und wieder versöhnt, man trennte sich einige Monate, und man kam auch wieder zusammen, mehrmals. Geschlagen aber habe er die Frau nicht, sagt er, räumt aber ein früher seine Ehefrau verprügelt zu haben. Die 19-Jährige, die nach ihrer Vernehmung als Nebenklägerin in dem Prozess auftreten wird, bezeichnete er als „einen sehr netten Mensch“.
Doch er habe mit Trennungen ein Problem. Er räumte ein, dass er reichlich dem Alkohol zuspricht und auch Drogen konsumiert. So habe er auch bereits am Tag vor der Tat viel Alkohol getrunken gehabt, als man gemeinsam mit der S-Bahn von Backnang nach Cannstatt in eine Diskothek gefahren war. Auch dort sei der Alkohol reichlich geflossen. Die 19-Jährige habe dort mit einem anderen Mann geknutscht. Aber das habe ihm nichts ausgemacht.
Der Angeklagte
wünscht zusätzliche Zeugen
Getreu einer Vereinbarung, wonach man bei einer Trennung noch ein einziges Mal gemeinsam Sex haben wolle, habe er am 9. Juli nach der Rückkehr aus der Disko dieses Thema mit der Frau auch angesprochen. Aber sie habe nur ihre Ruhe verlangt und schlafen wollen. Dann habe sie sich entkleidet. Und danach sei es dann doch zum Verkehr gekommen. Ob freiwillig, oder mit Gewalt, das ließ der Angeklagte offen. Er möchte gerne, dass zu den bereits geladenen Zeugen noch zwei weitere Zeugen befragt werden sollen. Ob diese zur Entlastung dienen, ist unklar.
Die Lebensgeschichte des Mannes ist von Tragik geprägt. Der 40-Jährige hat, wie er sagt, keinen Schulabschluss. Er wurde im Jahre 1976 in der Frauen-Justizvollzugsanstalt Aichach geboren. Dort verbüßte seine Mutter damals gerade eine Haftstrafe. Er wuchs teilweise bei seinem Vater und einer Tante auf, machte nach der Schule keine Ausbildung und ist seit gut zehn Jahren arbeitslos. Er lebt von Hartz IV und hat für seine vier Kinder einen Unterhalt-Schuldenberg von 20000 Euro.
Wenn er wieder in Freiheit kommt, wolle er arbeiten und Geld verdienen, sagte der Angeklagte, wobei ihn der Kammervorsitzende entgegnete, dies hätte er bereits seit zehn Jahren machen können. Schuld an seiner Lage seien die Drogen und der Alkohol, erwiderte der 40-Jährige, gegen den übrigens vor dem Amtsgericht in Waiblingen derzeit ebenfalls ein Strafverfahren läuft.
Sein 19-jähriges Opfer soll in nichtöffentlicher Sitzung vernommen werden. Bei einem Schuldspruch drohen dem Mann bis zu 15 Jahre Haft.