Von Claudia Ackermann
GROSSERLACH. Zelte sind vor dem Sitz des Vereins zur Förderung des Rock ’n‘ Roll (VFRR) aufgebaut. Es duftet nach heißem Met und Linsensuppe. Frauen in langen Gewandungen und Männer mit Fellumhängen bevölkern den Platz. Manche tragen Kettenhemden und Schwerter. Der Klang einer Harfe untermalt das Ambiente, nur übertönt vom Schlag des Schmieds auf den Amboss, der am offenen Feuer steht.
Hartmut Hawelka hat sein weißes, schmuckes Druiden-Gewand angelegt. Der 57-Jährige beschäftigt sich seit über zehn Jahren mit der keltischen Kultur und hat sich viel Wissen darüber angelesen. Schon immer hat er sich für Geschichte interessiert. Angefangen hat sein Faible mit dem Beitritt in eine Wikingergruppe. Doch er wollte sich mit den Bräuchen einer Volksgruppe beschäftigen, die im süddeutschen Raum ansässig war. So erwachte sein Interesse für die Kelten.
Seit zwei Jahren gibt es die Keltengruppe Scâliesus Cambiare, was so viel bedeutet wie: „Die im Schatten des Esus wandeln.“ Esus ist der keltische Gott des Handels und der Wege, weiß der „Häuptling“ der Gruppe, Rixerios (Jan Vogel). Seit Anfang dieses Jahres befindet sich die Gruppe unter dem Dach des VFRR in Großerlach, der sich als Kunst- und Kultur-Förderverein versteht.
Zum Samhain-Fest ist der mit den Gruppenmitgliedern befreundete Druide Hartmut Hawelka aus Gunzenhausen in Mittelfranken eingeladen, um am Abend ein Ritual vorzunehmen. Das Samhain-Fest war der Jahresbeginn bei den Kelten, so der Hobby-Druide. Es bedeute „Tod der Sonne“, weil um diese Jahreszeit der kalte und dunkle Winter beginnt. Das Datum habe sich nach dem Mondkalender gerichtet. Es sei ein Fest für die Ahnen gewesen, von denen man glaubte, dass sie sich in der Anderen Welt aufhielten. An diesem Tag seien die Tore geöffnet gewesen, sodass die Seelen der Toten wieder auf die Welt kommen konnten, um wiedergeboren zu werden. Vor allem in Irland war das Fest weitverbreitet. Mit dem Christentum sei der keltische Glaube ins Negative gezogen worden. Die Vorstellung von Hexen, Geistern und Untoten entstand. Irische Auswanderer nahmen jedoch die Tradition mit nach Amerika. Dort sei das Samhain-Fest zu Halloween „verballhornt“ worden, so Hawelka. Aus der Feier, die bei den Kelten die Ahnen ehrte, für das Wissen, das sie der Nachwelt hinterlassen haben, ist ein Spaß mit gruseligen Zombies geworden.
Der Druide war bei den Kelten eine Art religiöses Oberhaupt, weiß Hawelka. Er war Vermittler zwischen der Anderen Welt und dem Diesseits. Außerdem war er Richter und Heiler. Zaubertränke hat er wohl nicht gemixt, aber er hatte Wissen über Kräutergetränke und die Heilkunst. Auch für Opferungen war der Druide zuständig. Beim Samhain-Fest habe es auch Menschenopfer gegeben, weiß Hawelka aus historischen Quellen.
In Großerlach beim Samhain-Fest ist der Höhepunkt die Verbrennung einer Strohpuppe. Zuvor wird ein Ritual vom Druiden zelebriert. Die Kräfte der vier Himmelsrichtungen werden angerufen, in Form von Rauch, Wasser, Salz und Feuer. Mit dem Feueropfer wird der Ahnen gedacht, denen man bei ihrer Rückkehr auf die Erde ein gutes, neues Leben wünscht. Dann darf bei Honigwein und Bier gefeiert werden, denn schon die Kelten kannten diese Getränke und wussten ihre Feste feuchtfröhlich zu begehen, so der Druide.
Zu Musik der Folkgruppen Keltenstimme und Unfolding durfte noch getanzt werden, ob Besucher oder Mitglieder der Keltengruppe in ihren historisch nachempfundenen Gewändern.
