WAIBLINGEN (lra). Aktuell befinden sich 4781 geflüchtete Menschen in 64 Gemeinschaftsunterkünften des Kreises. Seit vier Monaten werden monatlich nur noch rund 2000 Erstanträge auf Asyl beim Land Baden-Württemberg gestellt. Für die Kreisverwaltung wurden die stark gesunkenen Antragszahlen durch eine deutlich reduzierte Zuweisung an den Landkreis spürbar. In den letzten zwei Monaten betrug diese nur durchschnittlich sechs Personen pro Woche.
Die Kreisverwaltung hat diese Verschnaufpause über den Sommer effizient genutzt: Zehn Notunterkünfte wurden geräumt, unter anderem bereits Ende Juli das einzige mit Flüchtlingen belegte Zelt des Kreises in Kirchberg. Bis Ende November sollen, in enger Abstimmung mit den jeweiligen Kommunen, die letzten vier Notunterkünfte geräumt werden. Mit der Sporthalle am Waiblinger Berufsschulzentrum leert der Landkreis bis Mitte Oktober die letzte für Schulsport benötigte Halle.
Der Rems-Murr-Kreis steht mit seiner geringen Rückstandsquote vergleichsweise sehr gut da
Besonders erfreulich ist, dass bei fast allen Räumungen ein Umzug innerhalb derselben oder in eine benachbarte Gemeinde realisiert werden konnte. Ein Ziel, dass die Landkreisverwaltung mit Blick auf die entstandenen sozialen Bindungen ins gesellschaftliche Umfeld mit Nachdruck verfolgt hat. Zusammenfassend kann man sagen: Im Vergleich zu den anderen Landkreisen in der Region Stuttgart, steht der Rems-Murr-Kreis mit seiner geringen Rückstandsquote und der fast abgeschlossenen Auflösung von Notunterkünften sehr gut da.
Bis zum Sommeranfang stand der Kreis vor der enormen Herausforderung, jede Woche ausreichend neue Betten für die enorm hohe Zahl an wöchentlich zugewiesenen Flüchtlingen bereitzustellen. Seitdem diese Zahl zurückgeht, richtet sich der Fokus auf bisher offen gebliebene Fragen bei der Versorgung der etwa 5000 Flüchtlinge, für die der Rems-Murr-Kreis zuständig ist. Es geht darum, ein Umfeld zu schaffen, dass ein konfliktfreies Miteinander ermöglicht und erste Schritte in Richtung Integration ermöglicht. Im aktuellen Bericht des Koordinierungsstabs Flüchtlinge teilt das Landratsamt Rems-Murr-Kreis mit: „Dies erfordert oftmals ein pragmatisches und lösungsorientiertes Handeln der Kreisverwaltung, dessen Finanzierung leider oftmals nicht abschließend geklärt ist: Im ländlichen Raum ist beispielsweise eine ausreichende Anbindung an den ÖPNV eine Herausforderung, der Zugang zum Internet und flächendeckende Sprachkursangebote sind ebenso wichtig, aber leider nicht vollständig durch das Land refinanziert und damit nur zum Teil darstellbar.“
Flüchtlingen mit Bleiberecht muss Aus- und Weiterbildung und damit der Zugang in die Arbeitswelt ermöglicht werden. Nur so können sie ihren Lebensunterhalt möglichst schnell und aus eigener Kraft bestreiten. Auch genügend Kindergarten- und Schulplätze sowie eine angemessene Gesundheitsversorgung sind nur zwei der vielen weiteren Themen, für die es kurzfristig realisierbare, aber gleichzeitig auch langfristig geeignete Lösungen zu finden gilt.
Flüchtlinge sollen ihren Lebensunterhalt möglichst schnell aus eigener Kraft bestreiten können
Die rasche Integration der Flüchtlinge kann laut dem achten Bericht nur gelingen, „wenn Bund und Land die Kommunen ausreichend finanziell unterstützen, um diese Herausforderungen zu bewältigen“. Lösungsorientiertes Handeln dürfe nicht nur von der untersten Verwaltungsebene erwartet werden. Pragmatismus muss auch „von oben“ ermöglicht und vorgelebt werden. Insoweit setzt der Landkreis auf die Zusage des Landes, im Wege der nachgelagerten Spitzabrechnung für die Kosten der Flüchtlingskrise vollumfänglich aufzukommen. „Die Kreise, Städte und Gemeinden dürfen nicht auf Kosten sitzen bleiben. Dies gilt vor allem auch mit Blick auf die Anschlussunterbringung, die in die Zuständigkeit der Städte und Gemeinden fällt und bei der ebenfalls noch viele Fragen der Finanzierung offen sind. Diese offenen Punkte müssen im Interesse der Landkreise, Städte und Gemeinden schnell geklärt werden, bevor die finanzielle Ungewissheit die bevorstehenden kommunalen Haushaltsberatungen belastet.“
Sofern die Asylbewerber nach Beendigung der vorläufigen Unterbringung keine eigene Wohnung finden, sind die Städte und Gemeinden im Rahmen der Anschlussunterbringung verpflichtet, die Asylbewerber unterzubringen, um Obdachlosigkeit zu verhindern. In der Anschlussunterbringung arbeitet die soziale Betreuung daran, dass die Flüchtlinge schnellstmöglich eigene Wohnungen beziehen, ein selbstständiges Leben führen und keine öffentlichen Leistungen mehr benötigen.
