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Eine griechisch-deutsche Erfolgsgeschichte

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Von Ute Gruber

BACKNANG. Ein unauffälliges, mehrstöckiges Haus in der Gartenstraße; auffällig vielleicht nur die extrem großen Fenster in der rosé-farbenen Fassade. Offenbar kein Wohnhaus. Nur ein ebenso unauffälliges Firmenschild weist darauf hin, dass hier griechisches Fladenbrot produziert wird. Und zwar in großem Stil: Mehrere Tausend Pitta-Brote verlassen täglich die Groß-/Spezialbäckerei des nach eigenen Angaben marktführenden Unternehmens Pitta-Jannos.

Begonnen hat die Erfolgsgeschichte im Jahr 1984 mit der Herstellung von Fladenbrot für den eigenen Imbiss in Waiblingen, denn „Gyros im Weck ist einfach stillos“, wie Alexandra Chatzidimitriou (48) griechisch temperamentvoll erklärt: „Das wäre wie Rostbraten mit Soße süßsauer..“ Zusammen mit Bruder Anestis (44) sind sie in Deutschland aufgewachsen und haben vor 20 Jahren das Geschäft von Vater Joannis, genannt „Jannos“, übernommen, als jener zurück nach Griechenland ging. Den Firmennamen haben sie belassen, denn „Chatzidimitriou, das könnte hier kein Mensch aussprechen“, wie Sohn Anestis klar erkannt hat.

Vaters deutscher Kompagnon Joachim Haussner (63), dem es „im Staatsdienst zu langweilig war“, spricht fließend Griechisch und ist als Teil der Familie – „das war so ein Zufallstreffer in meinem Leben“ – die gute Seele des Betriebs, kümmert sich um Buchführung und Auslieferung. Er erzählt, wie man zu Beginn mühselig sämtliche Gyrosbuden in der Region abklapperte und Werbung machte. Die ganze Familie Chatzidimitriou war eingespannt, auch Mutter Stavroula: „Ohne Mama? Ne. Niemals.“ Bald sprach sich die gute Qualität herum, das Produkt wurde zum Selbstläufer und stellte die Familie vor das Problem, dass plötzlich „Großaufträge mit 500 Stück“ zu bewältigen waren. Mit Wellholz und Muskelschmalz. Muskelkater vorprogrammiert. Heute sind das Peanuts, denn bereits 1985 zog man in die ehemalige Kantine der Fritz Häuser GmbH in Backnang, wodurch eine maschinelle Produktion möglich wurde.

10 Uhr morgens: Gerade bringt ein Lkw eine Lieferung Zutaten. In der Halle ist es laut, der gigantische Abzug summt, das Radio läuft, der Chef bespricht mit einem der vier Mitarbeiter die nächste Bestellung. Die große Knetmaschine mischt brummend die Zutaten, der Portionierer verwandelt sie in gleichförmige Teigkugeln. So weit noch recht konventionell. Dann aber werden die gegangenen Teiglinge in einer Spezialmaschine zu flachen Fladen platt gewalzt. Auf dem anschließenden Endlosband werden sie dann in Schlangenlinien spazieren gefahren, „um sich wieder zu beruhigen“, wie Alexandra Chatzidimitriou erklärt. Unten angekommen wandern sie dann – gut erholt – ins 172 Grad Celsius heiße Ölbad.

Am Fenster steht die dritte Generation Chatzidimitriou und verpackt die abgekühlten Fladen in Plastiktüten, bevor sie ins Kühlhaus kommen: Jannis (17) und Niko (15) beherrschen alle Produktionsschritte und müssen in den Ferien mithelfen. Musik aus dem MP3-Player macht die Arbeit leichter. „Jeder von uns hat deswegen die Ferien gehasst“, erzählt ihr Vater Anestis. „Ich musste ja auch noch täglich nach der Schule helfen. Zum Beispiel einen Sack Zwiebeln schälen. 25 Kilo!“ Kein Spaß, eher zum Heulen. Zum Glück gab’s die Breakdance-Kumpels in der Nachbarschaft.

Lebenstüchtig hat es sie gemacht und „keiner ist gezwungen, hier einzusteigen. Jeder soll den Beruf lernen, der ihm Spaß macht“, versichert Geschäftsführerin Alexandra, die ihren Job mit Herzblut betreibt. Ihre Tochter Maria (25) hat bereits mit 12 Jahren ab und zu mitgeholfen. Heute ist sie leitende Operationsassistentin in einem großen Krankenhaus.

Man setzt auf Qualität und Service: „Egal wie, es wird möglich gemacht.“ Und wenn die Chefin abends selbst noch losfahren muss. 24/7 – twentyfourseven – das heißt ständige Bereitschaft. Man kennt die Kunden, deren Wünsche. Durch den Generationswechsel in vielen Gyrosständen vor etwa 10 Jahren drohte ein Auftragsrückgang. Seitdem wird mit Tzatziki und hochwertigem Gyros ein Komplettpaket angeboten, das es den Kunden einfach macht, kontinuierlich gute Qualität anzubieten.

Von den Tiefkühlimporten aus dem Ausland hebt man sich ab: „Die Versuchung, im Ausland billiger zu produzieren, war da, aber wir setzen auf Frische.“ Mit Erfolg: Wer gutes, regionales Fladenbrot will, kommt an Pitta-Jannos nicht vorbei. So beliefert die Firma neben unzähligen Imbissständen und zahlreichen Straßenfesten inzwischen die Stuttgarter Fast-Food-Kette Pokkez: Wraps in Jannos-Pitta. Außerdem Grandls Gastronomie in der Hanns-Martin-Schleyer-Halle. Dort nahmen sie sich eine Woche Zeit, um allen 400 Mitarbeitern das gekonnte Rollen der Gyros-Pitta zu zeigen. Sogar Hans-Peter Grandl selbst ließ sich einweisen, denn sie hatten ihn überzeugt: Gyros im Wecken ist einfach stillos.


            Backen seit 30 Jahren griechisches Fladenbrot: Die Inhaber und Mitarbeiter der Pitta-Bäckerei Jannos in Backnang (sitzend von links): Joachim Haussner und Stavroula Chatzidimitriou; stehend von links: Ioannis, Maria, Georgis, Anestis, Ioannis, Nikos, Alexandra, Lazavos und Niko. Foto: E. Layher

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