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Sogar Winterstiefel bleiben stehen

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Von Yvonne Weirauch

BACKNANG. Kaum etwas wird abgeholt – große, bunt bedruckte Badehandtücher, flauschige Bademäntel, witzige Badelatschen in allen Größen, elegante Badeanzüge, dazu diverse aufblasbare Wassertiere und Spielzeug. Was sich in den Regalen und in mehr als 20 blauen Mülltüten im Keller des Wonnemars befindet, erinnert eher an eine Boutique für Schwimmbadzubehör und Badebekleidung. Allerdings zieren diese Gegenstände keine Auslage, sondern verbringen eher ein ungesehenes Dasein im Keller. Sie warten allesamt auf ihren Besitzer. Das Schwimmbad könnte glatt zu einem Basar werden.

Ein offenes Bücherregal

ist angedacht

Zu den bunten Schwimmflügelchen, Schwimmbrettern, Bikiniunterteilen und Saunaartikeln gesellen sich Unmengen von Schmuck, Duschgels und Büchern – so viele Bücher, dass die Wonnemar-Betreiber schon eine Idee haben: Es soll ein offenes Bücherregal im Saunabereich eingerichtet werden. „Da müssen wir noch mit unserer Schick-und-schön-Abteilung ins Gespräch kommen“, sagt der Centermanager und lacht. Aber dieser Verwendungszweck für die liegen gelassenen Bücher biete sich an.

Beim Betrachten der Gegenstände kommen Fragen auf: Winterstiefel stehen da – wie hat eine Frau die Badelandschaft ohne Schuhe verlassen? Dazu noch im Winter? Im Regal liegt eine hochwertige Brille – wie hat derjenige den Weg gefunden, ohne einen klaren Durchblick zu haben? Daneben liegt ein kuschelweicher, wie neu aussehender Babybademantel – wie wird das Kleinkind nun nach dem Baden eingewickelt? Einige Armband- und Taucheruhren liegen in einem Plastikkorb – wollte da jemand einfach die Zeit anhalten oder gar vergessen? „Es ist kaum zu fassen, was alles im Bad liegen gelassen wird“, schüttelt Lars Nielsen den Kopf.

Es wird wohl

nichts vermisst

Noch erstaunlicher ist, dass nahezu nichts wieder abgeholt wird. „Ich habe keine Ahnung, warum das so ist“, sagt der Centermanager. Die Erfahrung zeige, dass kaum jemand ins Bad kommt und nach einem Gegenstand fragt. Es scheint, als würde nichts vermisst werden. Es komme aber auch vor, dass die Badegäste oft gar nicht mehr wüssten, wie beispielsweise ihre Badehose ausgesehen hat, die sie verloren haben. Nielsen: „Da kommen dann Aussagen wie ‚Meine Hose war schwarz mit einem roten Streifen, glaub ich‘. Wenn wir dann nachfragen, seit wann die Hose vermisst wird, kommt die Antwort: ,Seit einem Jahr.‘“

So lange bewahrt kein Bad die Utensilien auf – die Aufbewahrungsfrist beträgt 6 Monate ab dem Tag des Fundes. Die Mitarbeiter sammeln täglich etliches ein, was im Bad, den Umkleiden, der Sauna und dem Außengelände zurückgelassen wurde. „Wir dokumentieren alles“, sagt Nielsen. Sollte sich kein Besitzer melden, werden die Gegenstände an gemeinnützige Organisationen oder Einrichtungen gespendet.


            Die Fundstücke der vergangenen Wochen sind akribisch in blauen Plastikkörben eingeordnet. Was schon länger im Fundus liegt, wird in Müllsäcken aufbewahrt. Foto: A. Becher

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