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Ausbildungsbereitschaft ist A und O

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Von Carmen Warstat

BACKNANG. Seine jährliche Sommertour-Woche führt den Backnanger SPD-Bundestagsabgeordneten Christian Lange zu Firmen und Institutionen, Betriebsräten und Managern. Dieses war die 17 Tour, und er beschloss sie gestern im Backnanger Jobcenter, wo man sich insbesondere über die Integration junger Flüchtlinge austauschte.

Dabei wurde immer wieder betont, dass alle Maßnahmen und Zuwendungen für junge Flüchtlinge auch den Einheimischen zur Verfügung stehen. Jobcenter-Teamleiterin Annette Langenbuch, zuständig für Markt und Integration, Geschäftsführer Matthias Schuh mit dem Hauptaufgabenfeld Leistungsgewährung und vor allem die Bereichsleiterin für Markt und Integration sowie Vermittlung und Beratung, Ulrike Duffey, informierten über ihre Arbeit. Integration erfordert konkrete Qualifizierungsmaßnahmen und stößt auf manches Hemmnis, das häufigste ist die Sprachbarriere, denn mitnichten, so der Parlamentarische Staatssekretär Christian Lange, kommen vorwiegend hoch gebildete Bürger etwa aus Syrien.

Der anfängliche Eindruck sei dadurch entstanden, dass man sich mit diesen auf Englisch habe verständigen können, mit der Mehrheit aber gar nicht, und so sei die Mehrheit in der öffentlichen Wahrnehmung zunächst kaum vorgekommen.

Duffey berichtete, dass von aktuell 370 jugendlichen Flüchtlingen lediglich 16 ausbildungsbereit seien. (Insgesamt werden momentan 1320 Flüchtlinge betreut.) Neben der Sprachbarriere ist das generelle Schulniveau der Jugendlichen häufig ein Problem. Hinzu kämen kulturelle und familiäre Besonderheiten, die den Zugang der Frauen zu den Bildungsmöglichkeiten auch hier noch einschränkten. Zwar sei kein konkreter Fall von patriarchalischer Unterdrückung bekannt, aber nicht selten würden „Gründe“ vorgeschoben, um die Frau am Besuch eines Sprachkurses zu hindern. Mit dem „Stichwort Werte“ verwies Christian Lange auf Artikel 3 des Grundgesetzes (Gleichberechtigung), und er vergaß auch nicht zu erwähnen, dass hierzulande noch immer keine Entgeltgleichheit zwischen den Geschlechtern herrscht. Die Differenz bezifferte er auf 21 Prozent. Der Gast konnte mitteilen, dass unabhängig vom Aufenthaltsstatus jeder Flüchtling einen Anspruch auf drei Jahre Ausbildungszeit und nach bestandener Prüfung zwei Jahre Verbleib ohne Abschiebung hat, und dass die bisherige Altersobergrenze von 21 Jahren für den Ausbildungsstart aufgehoben worden ist. Dieses sei ein Anliegen der Sozialdemokraten gewesen, da im Falle der Rückkehr des Betreffenden in seine Heimat mit der Ausbildung ein Beitrag zur Fluchtursachenbekämpfung geleistet worden sei.

Die Betriebe stehen der Ausbildung von Migranten sehr aufgeschlossen „und ohne Wenn und Aber“ gegenüber, so Duffey, und sie seien auch bestens in der Lage, Motivationsanstöße zu vermitteln. Ein dringendes Problem gaben Duffey und Schuh dem Bundestagsabgeordneten mit auf den Weg: Aufgrund einer Gesetzeslücke kann es passieren, dass Jugendliche nach Beginn einer Ausbildung weder die Berufsausbildungsbeihilfe (BAB) noch Leistungen nach dem SGB II bekommen, weil trotz des allgemein-rechtlichen Anspruchs bestimmte individuelle Voraussetzungen fehlen. Das Ergebnis: die Ausbildung wird abgebrochen, damit man wenigstens Hartz IV bekommt, und so werden wertvolle Jahre verloren. „Dem gehen wir mal nach“, versprach Lange.

Über ein Erfolgsmodell informierte Annette Langenbuch. Zur Ausbildungsvorbereitung besuchen die Jugendlichen parallel einen vormittäglichen Sprachkurs und eine nachmittägliche berufliche Maßnahme mit praktischen Tätigkeiten etwa unter dem Motto WFF (Work Fun Future). Der handlungsorientierte Ansatz hilft ihnen, bei der Sache zu bleiben. Circa 30 Teilnehmer pro Jahr beteiligen sich an dieser Form der Integrationspraxis, und die meisten halten nach Duffeys Einschätzung auch durch.

SPD-Stadtrat Heinz Franke erkundigte sich unter anderem nach der Handhabung von Repressalien wie Leistungskürzungen im Falle mangelnder Integrationsbereitschaft. „Wir gehen damit sehr, sehr vorsichtig um“, erläuterte Duffey, und dass sie konstruktive Wege der Motivation suchen: Einzelcoaching, Umschulungsangebote oder Spezialbetreuung – je nach Bedarf würden vom psychisch Kranken über den vermittelbaren bis hin zum vollkommen desillusionierten Bürger alle nach ihren Bedürfnissen betreut. Die Mittel dafür sind vorhanden.

Nach einer zweiten Zuwendungstranche vonseiten des Bundes stehen dem Jobcenter, Duffey zufolge, für dieses Jahr noch 1,8 Millionen Euro freie Ausgabenmittel zur Verfügung. „Wir werden das Geld nicht im Unverstand ausgeben“, sagte sie, und dass für das letzte Quartal 2016 wieder ein erhöhtes Flüchtlingsaufkommen zu erwarten sei.

„Die bisherige Altersober- grenze von 21 Jahren für den Ausbildungsstart wurde aufgehoben.“
            
            
              
                
                
              
            
            
              Christian Lange, Backnang
            
            
              SPD-Bundestagsabgeordneter

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