Von Armin Fechter
ASPACH/OBERSTENFELD. „Guten Tag! Ist das Ihre Burg?“ Eine Gruppe junger Erwachsener mit Kind im Wagen steht staunend im Innenhof und schaut sich um. Einer fasst sich ein Herz und spricht den älteren Herrn an, der sich eben noch mit anderen Gästen unterhalten hat und nun wieder die Treppe hinaufsteigt.
In der Tat, es ist seine Burg: Die Freiherren von und zu Weiler haben seit über 500 Jahren, genau: seit 1483 das Sagen auf Lichtenberg – und Dietrich Baron von Weiler und seine Frau Ulrike sind die aktuellen Burgherren. Der 84-Jährige gibt gerne Auskunft über die Anlage, die er als Kulturdenkmal zu erhalten bestrebt ist. Jeden Sonntag ist das Tor geöffnet, und jeden ersten Sonntag im Monat hält der Burgherr selbst für interessierte Besucher Führungen. Unterstützt wird er dabei von dem Backnanger Rainer Wiedmann und dessen Sohn Matthias. Sie teilen sich die Besucher dann in Gruppen auf, weil die Kapelle mit ihren wertvollen Fresken schließlich höchstens 30 Personen auf einmal fasst.
Die Ursprünge der stattlichen Anlage reichen bis in die Zeit vor den Staufern zurück. Zwar weiß man es nicht mit absoluter Sicherheit, aber – so erzählt der Baron – mit großer Wahrscheinlichkeit stand schon früh im Mittelalter eine hölzerne Burg auf dem Bergsporn, der einen spektakulären Blick auf das Bottwartal bis weit hinaus Richtung Neckartal und Nordschwarzwald freigibt.
In der zweiten Hälfte des zwölften Jahrhunderts setzte im Adel ein neuer Trend ein: Man wollte in gemauerten Burgen hausen – und wer etwas auf sich hielt, schloss sich der Entwicklung an. „Die Lichtenberger wollten eine Herrschaft gründen wie die Württemberger und andere“, schildert der heutige Burgherr die Ansprüche, die das Geschlecht anmeldete und die man auch optisch unterstreichen wollte. 1197 erscheint in einer Urkunde des Markgrafen Hermann von Baden erstmals einer dieser Lichtenberger, die ihren Besitz 1357 an das Haus Württemberg verkauften – warum, ist nicht bekannt. Graf Eberhard aber belehnte seinen langjährigen Landhofmeister Dietrich von Weiler mit der Burg und zusätzlich mit der Vogtei Großbottwar.
Bis zum Ende des Zweiten Weltkriegs blieb die in mehreren Schritten ausgebaute Burg von kriegerischen Verwicklungen verschont. Dramatische Szenen spielten sich aber im April 1945 ab, als die deutsche Wehrmacht die sogenannte Neckarlinie gegen die vorrückenden amerikanischen Truppen zu halten versuchte. In der Burg saßen Artilleriebeobachter. Am 19. April erreichte eine amerikanische Panzerspitze den Beilsteiner Bahnhof. Innerhalb kurzer Zeit schlugen 20 Granaten in der Burg ein. Spuren sind noch heute zu sehen. Als 14-Jähriger verfolgte der heutige Burgherr damals, wie seine Mutter auf den Turm stieg, um eine schwedische Fahne herauszuhängen. Nun fiel kein Schuss mehr, obwohl die deutschen Kräfte noch bis zum späten Nachmittag in der Burg blieben. Die Baronin aber, die die Burg gerettet hatte, entging nur knapp einem Standgerichtsverfahren und dem sicheren Todesurteil.
