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Ein (fast) reibungsloser Ersatzverkehr

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Von Florian Muhl

KIRCHBERG AN DER MURR/BACKNANG. Um keinen falschen Eindruck zu erwecken. Der Ausfall der S-Bahn und das Benutzen des Ersatzbusses kostet schon Zeit. Auf der Strecke zwischen Kirchberg und Backnang sind’s insgesamt 19 Minuten. Nach Plan. Denn der Bus klappert etliche Haltestellen ab. Zwischen den beiden Bahnhöfen sind’s jeweils zwei Halte in Kirchberg und Erbstetten und drei Stationen in Burgstall, während die S-Bahn nur einmal in Burgstall halten muss.

Aber die beiden BKZ-Mitarbeiter haben sich auf den Ersatzverkehr eingestellt, haben die neuen Zeiten über ihr Smartphone und eine App abgerufen. Trotzdem. Lucia Alarico kommt letztlich 5 Minuten später in Backnang an als geplant. Grund: Die zahlreichen Schüler.

Die Fahrt zur Arbeit beginnt für die Medienkauffrau mit der S4 (alte Baureihe) um 7.08 Uhr ab Bahnhof Marbach. „In Kirchberg – 7.13 Uhr – mussten wir dann alle aussteigen. Am Bahnhof dort gab es eine Lautsprecherdurchsage, dass die Fahrt weitergeht mit dem Busersatzverkehr. Einmal über die Brücke, um auf die andere Seite zum Bahnhofsvorplatz zu gelangen. Der Bus fuhr dann um 7.18 Uhr los,“ schildert die 31-Jährige.

An der ersten Haltestelle am Rathaus Kirchberg seien sehr viele Schüler eingestiegen, sodass der Bus da schon komplett voll gewesen sei. „Der Busfahrer stieg sogar kurz aus, um die Fahrgäste aufzufordern, doch bitte im Bus durchzugehen und aufzurücken. In Burgstall stiegen noch einige ein, obwohl der Bus schon überfüllt war,“ sagt Alarico.

„Wer regelmäßig mit dem ÖPNV unterwegs ist, der ist ob der vielen Verspätungen und Ausfälle einiges gewohnt“, beginnt Michel Saalbach seinen Bericht. Wenn dann auch noch geplante Ausfälle wegen Gleisbauarbeiten anstünden, werde es besonders spannend. Der Medienfachwirt blickt ins Internet und nimmt erfreut zur Kenntnis: „In der elektronischen Fahrauskunft des VVS ist auch schon der Ersatzverkehr für diese Woche eingepflegt.“ Da der Ersatzverkehr natürlich länger braucht – nämlich die erwähnten 19 Minuten –, fährt der 39-Jährige gestern eine halbe Stunde früher los als üblich. Die S-Bahn kommt pünktlich um 8.33 Uhr in Benningen an und ist auch pünktlich um 8.43 Uhr in Kirchberg an der Murr. „Während der Fahrt gibt der Zugführer mehrmals den Hinweis durch, dass die Bahn nur bis Kirchberg und ab dort ein Bus bis Backnang fährt“, sagt Saalbach. „Der Ausstieg in Kirchberg ist ausnahmsweise auf der linken Seite, sodass ich nicht mal über die Brücke muss, sondern gleich auf der Bahnhofsseite bin.“

Der Bus wartet auch schon, als der BKZ-Mitarbeiter auf den Bahnhofsvorplatz kommt. „Und obwohl an diesem das Zeichen für S-4-Ersatzverkehr mit Bussen prangt, fragt doch fast jeder der sieben Fahrgäste den Busfahrer, ob dieser nach Backnang fährt. Für mich absolut nachvollziehbar, denn es wäre nicht das erste Mal, dass an einem Bus die falsche Route angezeigt wird“, so die Erfahrung von Saalbach.

„Von Gleisbauarbeiten ist während der Busfahrt leider nichts zu sehen“

Als idyllisch schildert der Benninger die Fahrt durchs Murrtal an diesem sonnigen Vormittag. Um 8.57 Uhr hält der Fahrer kurz am Burgstaller Bahnhof und öffnet sogar die Tür, es steigt aber niemand ein. „Kurzer Blick aufs Handy: Kollegin Lucia wünscht mir per WhatsApp eine schöne Reise. Die hab ich bisher in der Tat“, sagt Saalbach. Allerdings kann er sich immer noch nicht vorstellen, dass der Bus pünktlich ankommt. Nach kurzem Halt geht es weiter. „Auch wenn man die Gleisstrecke von der Straße aus öfter zu Gesicht bekommt, von Bauarbeiten ist leider nichts zu sehen“, wundert sich der 39-Jährige. Da auch in Erbstetten niemand zusteigt, geht es zügig weiter. Kurze Zeit später geht’s auf der neuen Brücke über die B14.

Die Erfahrung, dass bisher fast alles reibungslos klappt, hat auch Albrecht Dünkel gemacht. „Wir haben noch keine negativen Rückmeldungen erhalten“, sagt der Teamleiter des Servicecenters der Regional Bus Stuttgart (RBS) in Backnang, der gestern Mittag selbst in Kirchberg war. Die Bahn-Tochter RBS hat als Ab- und Zubringer in Kirchberg alle 30 Minuten einen Gelenkbus im Einsatz.

Und warum dieser ganze Aufwand? „Wir führen auf dem Streckenabschnitt Unterhaltungs- und Instandhaltungsmaßnahmen durch“, sagt Bahn-Sprecher Roland Kortz. „Im Wesentlichen sind es Maßnahmen zur Tiefenentwässerung.“ Zudem baut die Bahn eine sogenannte Planungsschutzschicht ein. Das ist eine Mischung aus Sand, Kies und Mineralbeton zur Stabilisierung des Gleisbetts. Darauf werden dann wieder der Schotter und die Gleise verlegt. „Mit dem Zugunfall, bei dem Anfang August 2014 ein Güterzug bei Burgstall entgleist war, hat das nichts zu tun“, versichert Kortz.

Saalbach ist’s egal. Er beendet seinen Bericht mit den Worten: „Überrascht schau ich aufs Handy und siehe da: 9.05 Uhr. Alter Schwede, denk ich, wir kommen pünktlich auf die Minute um 9.06 Uhr am ZOB in Backnang an und ich bekomm doch tatsächlich noch den 369er-Bus. – Ob die Heimfahrt heute Abend auch so reibungslos funktioniert?“


            Raus aus der S-Bahn: Fahrgäste der S4 müssen noch bis Freitag den Weg zwischen Kirchberg und Backnang im Bus zurücklegen. Foto: A. Becher

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