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Blumenteppich erhält syrische Note

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Von Katharina Klein

OPPENWEILER. Jahr für Jahr wird der Fronleichnamsaltar der katholischen St.-Stephanus-Kirche mit einem Blumenteppich geschmückt. Dieses Jahr werden sich einige Kirchgänger erstaunt die Augen reiben, denn „das wird dieses Mal etwas ganz anderes“, freut sich Maggie Schmidt von der katholischen Kirchengemeinde. Anstatt eines flachen Teppichs gibt es ein dreidimensionales Blumenbild. Entworfen hat es der in Großaspach lebende syrische Flüchtling und Künstler Ayman. Sein ganzes Leben lang ist Ayman schon kreativ tätig. Mit 13 Jahren hat sein Vater die ersten Bilder von ihm verkauft. Das Geld durfte er selbst behalten. Vor der Flucht aus Syrien besaß er einen Kunstladen, in dem er allerhand Selbstgemaltes und Bemaltes verkaufte und so seinen Lebensunterhalt verdiente. „Nun ist alles zerstört“, bedauert Ayman und zeigt auf Fotos von seinem Laden aus seinem früheren Leben.

Auch während der Flucht, die ihn durch den Libanon und die Türkei führte, konnte er nicht vom Pinsel ablassen. Jetzt hat er im Dachgeschoss des katholischen Gemeindehauses in Großaspach einen neuen Ort für sein kreatives Schaffen gefunden. Seine Bilder zeigen tanzende Männer und orientalische Gebäude. Aber auch Jesus hat er schon einige Male porträtiert. Dieses Talent blieb Hannah Nothstein, die sowohl im Kirchengemeinderat als auch beim Arbeitskreis Asylbewerber willkommen in Aspach (Awia) aktiv ist, nicht verborgen. „Sie hat sofort gesagt, dass die Gestaltung des Blumenteppichs doch etwas für Ayman sei“, erzählt Schmidt die Geschichte. Schmidt selbst war direkt Feuer und Flamme für die Idee und schlug sie Ayman vor. Auch bei ihm war die Freude groß: „Er hat direkt vor Ideen gesprudelt.“ Das Ergebnis sind zwei Entwürfe für Blumenteppiche. Das Prachtstück wird ein quadratisches knapp drei Meter langes und breites dreidimensionales Blumenbild sein. In der Mitte sollen Hände liegen, dahinter ein von Blumen bedeckter Korb, aus dem ein Blumenweg entfließt. Der kleinere Blumenteppich soll den Umriss Deutschlands in den Farben Schwarz-Rot-Gold zeigen. Ein Herz markiert den Rems-Murr-Kreis. „Ayman will damit seine Dankbarkeit an Deutschland und insbesondere der Gemeinde Großaspach ausdrücken“, erklärt Schmidt das Motiv. Da sich die Blumenteppiche allerdings nicht selbst schmücken, wusste Schmidt, dass einige helfende Hände gebraucht werden. Sie überlegte nicht lange und schnappte sich Muhannad, Shalabi und Obeda. Die drei jungen Männer kommen wie Ayman aus Syrien. Sie freuen sich, dass mit der Aufgabe etwas Abwechslung in ihren Alltag kommt. „Sonst lernen wir nur Deutsch oder machen Sport“, erzählt Obeda. Der 28-Jährige war in seiner Heimat Anwalt. Nun wartet er, wie so viele andere, auf eine Aufenthaltserlaubnis. Obwohl der Arbeitskreis Awia jeden Monat ein Begegnungscafé anbietet und schon etliche Sprachtandems dadurch entstanden sind, mangelt es noch an dem Kontakt zwischen den Aspachern und ihren neuen syrischen Einwohnern sowie an Beschäftigungsmöglichkeiten. Egal ob es Spenden sind oder ein vermeintlich unnützes Beschäftigungsangebot, „wir freuen uns über jeden Hinweis“, betont Schmidt. Besonders nach Sprachtandems werde händeringend gesucht, denn alle angebotenen Deutschkurse sind voll. Umso bewundernswerter ist es zu sehen, wie viel Deutsch Muhannad, Shalabi und Obeda sich in den letzten Monaten schon angeeignet haben. Aber nicht nur beim Lernen sind die drei kaum zu stoppen. „Sie machen alles mit so viel Elan und Begeisterung. Es macht richtig Spaß, mit ihnen zusammenzuarbeiten“, so Schmidt.

So kam es also dazu, dass vier Muslime die Gestaltung einer katholischen Kirche zu einem hohen Feiertag maßgeblich zu verantworten haben. Die diesjährigen Firmlinge werden ihnen zur Hand gehen und unter Anleitung von Ayman den kleineren Blumenteppich erstellen. Da die Kirchengemeinde auf Blumenspenden angewiesen ist und deshalb die Farben des Bildes noch ungewiss sind, hat Ayman schon vorausgedacht und Sprühdosen besorgt. „Dann können wir die Blumen besprühen und damit quasi umfärben“, erklärt Schmidt. „Den Kirchgängern an Fronleichnam erwartet dieses Jahr ein farbenprächtiges Erlebnis“, da ist sich Schmidt sicher.


            Freuen sich auf die Aufgabe: Muhannad, Maggie Schmidt, Shalabi, Ayman und Obeda. Die Flüchtlinge aus der Gemeinschaftsunterkunft Großaspach bereiten einen Blumenteppich der besonderen Art für die Fronleichnamsprozession vor, er wird erstmals dreidimensional. Foto: A. Becher

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