Von Armin Fechter
BACKNANG. Wie der Wasserpreis in einer Gemeinde aussieht, ob er steigt, fällt oder gleich bleibt, das ergibt sich immer aus der Kalkulation. In der Regel sind es die Kämmerer im Rathaus, die zum Stift greifen und alles durchrechnen, damit am Ende eine ausgeglichene Bilanz entsteht. Dabei spielen viele Faktoren eine Rolle, beispielsweise ob die Gemeinde mit eigenen Wasservorkommen wirtschaften kann oder von Fremdwasser abhängig ist, ob sie eine aufwendige technische Ausstattung benötigt und ein großes Leitungsnetz in Schuss halten muss und ob es Investitionen zu finanzieren gilt.
So muss etwa Spitzenreiter Spiegelberg mit einer außergewöhnlichen Topografie klarkommen: Der Hauptort liegt im Lautertal, etliche Teilorte aber auf den Höhen der Löwensteiner Berge. Mehrere Pumpstationen und insgesamt fünf Hochbehälter – mehr als in Backnang, wo die Stadtwerke nur noch vier betreiben – sind nötig, um das Wasser in die Häuser zu bringen. „Das kostet dann natürlich alles sehr viel an Investition und Unterhaltung“, sagt Bürgermeister Uwe Bossert. Immerhin kann er praktisch komplett auf eigene Quellen und Tiefbrunnen bauen, statt auf fremde Zulieferungen angewiesen zu sein – ein entlastender Faktor, wie auch der Kirchberger Kämmerer Christian Nobis weiß.
Bei großen Abnahmemengen
wird NOW-Wasser benötigt
„Lediglich bei übergroßen Abnahmemengen im Sommer benötigen wir noch NOW-Wasser über den Zweckverband Hardtwasserversorgungsgruppe“, erläutert Nobis die Bedeutung von Bezugsrechten beim Zweckverband Wasserversorgung Nordostwürttemberg NOW. Er merkt aber zugleich auch an, dass in Kirchberg die komplette, veraltete Steuerungstechnik zu ersetzen und eine Druckmindererstation zu erneuern sind, was sich wohl im nächsten Jahr auf die Gebühren auswirken wird.
Überhaupt kein Eigenwasser hat dagegen Burgstetten. Die Gemeinde gehört vielmehr, wie Kämmerin Manuela Klabunde erläutert, dem Zweckverband Söllbachgruppe an und bezieht von dort ihr Wasser. Dieser Zweckverband beliefert neben Burgstetten auch Leutenbach und Backnang und hat seinerseits Bezugsrechte bei der NOW.
Auch in vielen anderen Gemeinden sichert die NOW den Spitzenbedarf ab. Weissach im Tal und Auenwald sind Paradebeispiele: Nur geringe Mengen NOW-Wasser müssen dort ins Netz eingespeist werden, um den Bürgern allezeit kostbares Nass ins Haus zu liefern. Der Großteil des Wassers kommt aus eigenen Quellen und Tiefbrunnen. Die Weissacher Kämmerin Sarah Kienzle fasst ihre Vorgehensweise so zusammen: „Der Wasserpreis wird jährlich von der Kämmerei neu kalkuliert beziehungsweise angepasst. Damit reagieren wir auf die kontinuierlich steigenden Kosten für Personal, Material, Roh-, Hilfs- und Betriebsmittel beim Betrieb und der Unterhaltung der Wassergewinnungs-, -aufbereitungs- und -verteilungsanlagen. Natürlich müssen damit auch die notwendigen Erneuerungsmaßnahmen refinanziert werden.“ Die Gemeinde Weissach im Tal hat ihren Eigenbetrieb Wasserversorgung umgekrempelt, er wird seit 2013 als wirtschaftliches Unternehmen mit Gewinnerzielungsabsicht geführt. Kienzle: „So können für die Zukunft die weiteren Maßnahmen der Trinkwasserversorgungskonzeption (insgesamt 2,2 Millionen Euro) mitfinanziert werden.“
Dass Investitionen ziemlich direkt auf den Wasserpreis durchschlagen, bestätigt Markus Höfer, Chef der als GmbH geführten Stadtwerke Backnang. Man könne billig wirtschaften, sagt er stirnrunzelnd, wenn man alte, abgeschriebene Anlagen weiter betreibe. Das entlaste die Bilanz eines Unternehmens. Aber sinnvoll sei es auf Dauer nicht, schließlich gehe es auch um Qualität und Versorgungssicherheit.
So haben die Stadtwerke im vergangenen Jahr den erweiterten Hochbehälter Galgenberg in Betrieb genommen. Für 2,5 Millionen Euro wurden dort zwei riesige Edelstahltanks mit einem Fassungsvermögen von je einer Million Liter gebaut. Die Stadtwerke haben damit zwei Fliegen mit einer Klappe geschlagen: Sowohl der bestehende Hochbehälter Galgenberg als auch der rund 100 Jahre alte Hochbehälter Weissacher Straße hätten saniert werden müssen. Nun übernimmt der neue, erweiterte Hochbehälter bei Maubach die Funktion von beiden. Bei einem Tag der offenen Tür am 24. Juli soll das Bauwerk vorgestellt werden.
Zunehmend schlagen sich ferner auch die Energiekosten nieder. Laut Höfer beträgt der Aufwand für den Transport eines Kubikmeters NOW-Wasser 1,5 Kilowattstunden – und Backnang lebt fast vollständig von diesen Lieferungen. So sind die Bezugskosten seit 2012 von 1,3 auf 1,7 Millionen Euro für 2016 gestiegen. Insgesamt hat man sich Bezugsrechte gesichert, die einer Wassermenge von über 3,4 Millionen Kubikmetern ent- sprechen.
Tatsächlich bezogen wurden im vergangenen Jahr 1,5 Millionen Kubikmeter. Die Differenz dient als Sicherheit – zum einen für Tage mit Verbrauchsspitzen, zum anderen als Reserve für die Feuerwehr. Höfer erinnert etwa an den Veolia-Großbrand vom vergangenen Jahr, der an den Rand der Kapazitäten ging.
Ungleichgewicht zwischen Fixkosten und Wasserumsatz
Der Stadtwerke-Chef macht aber noch eine andere Rechnung auf. Fixkosten, unabhängig von konkreten Wassermengen, machen für die Stadtwerke ungefähr 73 Prozent der gesamten Kosten aus. Dagegen schlägt sich der mengenunabhängige Anteil nur zu 23 Prozent bei den Wasserumsatzerlösen nieder – ein „Ungleichgewicht“, das sich als „total ungerecht“ beim Wassersparen auswirke. Denn da herrscht bislang das paradoxe Prinzip: Je weiter der Verbrauch zurückgeht, umso stärker steigt der Preis.
Vor diesem Hintergrund haben die Stadtwerke in der jüngsten Preisrunde zum 1. April nicht den Wasserbezugspreis erhöht, der sich allein auf die Menge des gelieferten Wassers bezieht, sondern den Grundpreis – von 9,63 Euro um 2,51 Euro auf 12,14 Euro bei der gängigen Zählergröße. Dieser liegt nun nochmals deutlich höher als andernorts.
Einen ähnlichen Weg haben die Stadtwerke Murrhardt beschritten: Auch sie haben die Fixkostenanteile zuletzt vor allem über höhere Grundgebühren abgebildet. Sonst liegt der Wasserpreis im Rahmen anderer Kommunen. Und das, obwohl die Stadt mit ähnlichen topografischen Verhältnissen zu kämpfen hat wie Spiegelberg. Anders als bei der kleinen Gemeinde lebt das Gros der Verbraucher aber zentral oder zumindest in Tallage, sodass sich Unterschiede im Aufwand einigermaßen auffangen lassen.