Quantcast
Channel: BKZ - RSS
Viewing all articles
Browse latest Browse all 9673

Chefärzte erhalten weitere Hausaufgaben

$
0
0
Dachzeile: 
<p></p>

Von Matthias Nothstein

WAIBLINGEN. Klinikchef Marc Nickel zeigte sich gestern Abend mit der Tagung zufrieden, man habe sehr konzentriert gearbeitet und sei deshalb in der Hälfte der anberaumten Zeit fertig geworden. Es wurden erste Eckpunkte der medizinischen Ausrichtung der Kliniken vorgestellt. Konkret ging es um die Frage: „Was ist an Leistungen im Rems-Murr-Kreis notwendig?“ Die Ausarbeitung dieses Konzepts brauche viel Zeit, „es ist ein enormer Abstimmungsprozess“. Erst danach schließe sich die zweite Frage an: „Was können wir uns leisten?“ Nickel: „Wir wollen nicht nochmals ein Fiasko erleben wie in Winnenden, wir wollen die Balance halten zwischen Medizin und Wirtschaftlichkeit.“

Der Vorsitzende des Aufsichtsrats, Landrat Richard Sigel, betonte die Bedeutung des transparenten Entscheidungsprozesses. „Im Unterschied zu früher beteiligen wir diesesmal alle Kreistagsmitglieder an einem ergebnisoffenen Gespräch über die medizinische Strategie.“ Die neue Linie heißt: „Erst Diskussion, dann Entscheidung.“ Diese neue Diskussionskultur sei ein wichtiger Bestandteil des Zukunftsprozesses zur wirtschaftlichen Gesundung der Kliniken.

Trotz dieses Bekenntnisses zur Transparenz sorgten die Presseveröffentlichungen der vergangenen Tage für ziemlichen Wirbel. Aufgrund von Indiskretionen seien Zahlen publik geworden, die überhaupt noch nicht ausgegoren sind. Teilnehmer berichteten von schlechter Stimmung und verärgerten Chefärzten.

Backnangs OB und Kreisrat Frank Nopper (CDU) hatte am Donnerstag bereits Luft abgelassen. Nun legte er noch einmal nach mit der Bemerkung, dass den Zahlen nach die Sanierung des Backnanger Kreiskrankenhauses damals billiger gewesen wäre als die Sanierung, die jetzt in Schorndorf ansteht.

Der selben Fraktion wie Nopper gehört auch Stadt- und Kreisrätin Ute Ulfert an. Zudem ist die Allgemeinmedizinerin aus Backnang auch noch ordentliches Mitglied des Aufsichtsrats der Rems-Murr-Kliniken gGmbH. Spekulationen um einen Neubau weist sie auf der einen Seite zurück, zuerst müsse es um ein vernünftiges Medizinkonzept gehen. Auf der anderen Seite erklärt sie auch: „Es darf keine Denkverbote geben.“

Sollte es je dazu kommen, dass ein Klinikneubau nötig ist, dann stellt sich immer noch die Frage, wo dieser entstehen soll. In der Phase vor dem Winnender Neubaubeschluss war immer wieder angeregt worden, „wenn eine Klinik-Konzentration nötig ist, dann richtig“. Will heißen: Nicht aus drei Kreiskrankenhäusern zwei machen, sondern nur eines.

Da das Winnender Klinikum in der derzeitigen Größe ausgelastet ist, wäre im Falle einer Komplett-Konzentration eine Erweiterung nötig. Winnendens OB Hartmut Holzwarth erklärte dieser Tage, dass es neben dem Winnender Haus Platz für eine Erweiterung gebe. Um dann gleich anzufügen, dass er einen Erweiterungsbau ganz bestimmt nicht fordern werde. Und um nochmals anzufügen, dass er aber, falls eines Tages doch über so ein Projekt abgestimmt werden sollte, dann vermutlich Ja sagen würde.

Für Schorndorfs Oberbürgermeister Matthias Klopfer sind solche Überlegungen eher Hirngespinste, er sieht seine Klinik nicht in Gefahr. Den immensen Investitionsbedarf beziffert er auf etwa 50 Millionen Euro. Allerdings warnte er vor der Verunsicherung des Personals. Es drohe eine Abwanderung zur Konkurrenz, die laut Schorndorfer Zeitung nicht müde werde, „Angebote zu machen“.

Vom ersten Schritt der Klinikkonzentration betroffen ist auch Waiblingen. Jetzt schreibt Oberbürgermeister Andreas Hesky: „Nicht verhehlen möchte ich, dass jede (Millionen)Investition, welche der Kreis oder die Kliniken derzeit zu schultern haben, sehr genau abzuwägen ist, da der Kreis mit seiner aktuellen Haushaltslage sicherlich am Limit ist.“

Gernot Gruber ist derjenige, der seit Jahren am deutlichsten vor der immensen Verschuldung warnt. Vergangenes Jahr stand der Rems-Murr-Kreis mit 400,6 Millionen Euro in der Kreide. Das ist trauriger Landesrekord und entspricht einer Pro-Kopf-Verschuldung von 900 Euro. Es sei unvorstellbar, dass dazu nochmals ein satter Betrag dazukommt, egal in welcher Höhe. Gruber: „Wir stehen mit dem Rücken zur Wand.“


Viewing all articles
Browse latest Browse all 9673